Die Jaguar-Modelle XK120, XK140 und XK150 gehören zu den kultigsten britischen Sportwagen aller Zeiten. Auf dem schmalen Grat zwischen Grand Tourer und wachechtem Sportwagen sehen sie sich auf den ersten Blick ähnlich, doch bei näherem Hinsehen eröffnen sich fantastische Einblicke in die Geschichte von Jaguar und die Entwicklung von Sportwagen im Allgemeinen. Aber verlassen Sie sich nicht auf unser Wort, denn mit der Hilfe von CKL Developments und ihrem Experten James Fraser haben wir ein XK-Triumvirat mit jeweils einer der drei verschiedenen Karosserievarianten zusammengestellt, um so die Evolution der Raubkatze nachzuzeichnen.
James, vielen Dank, dass Sie sich heute Zeit für dieses Interview nehmen. Der XK120 war der Ausgangspunkt für die legendäre XK Baureihe, erzählen Sie uns doch ein bisschen mehr darüber.
„Der XK war revolutionär, als er auf den Markt kam, sowohl in Bezug auf das Design, die Leistung, das Handling und vor allem das Preis-/Leistungsverhältnis. Das Publikum war wirklich überrascht, wie Jaguar Autos bauen konnte, die zu einem solchen Preis nicht nur atemberaubend aussahen, sondern auch 200 km/h schnell fuhren. Der XK120 war viel billiger als jeder Aston oder Ferrari aus jener Zeit, und bot trotzdem eine fantastische Performance.
„Auch das Design war bahnbrechend. Großbritannien erholte sich noch vom Zweiten Weltkrieg, und viele der damals auf den Markt gebrachten Modelle hatten noch das Vorkriegsdesign, wie zum Beispiel die Jaguar Limousinen Mark IV und V. Dann debütierte 1948 auf der Earls Court Motor Show in London der XK120, mit einem Sechszylinder-DOHC-Triebwerk, das nicht nur sehr attraktiv aussah, sondern durch Einsätze auf der Rennstrecke auch die Marketingaktivitäten von Jaguar untermauern konnte. 1950 hatte die Marke aus Coventry schon gute Chancen, in Le Mans zu gewinnen, einer der XK lag bis zur 15. Rennstunde sogar auf dem zweiten Platz, wobei man bedenken muss, dass es sich im Grunde um privat gemeldete und nur leicht modifizierte Serienfahrzeuge handelte. Es war die Vorstellung dieser leicht getunten Autos in Le Mans, die Jaguar Chef William Lyons die Zuversicht gab, das 24-Stunden-Rennen gewinnen zu können. Was er 1951 mit dem C-Type dann ja auch erstmals in die Tat umsetzte.“
Der XK120 wirkt auf mich fast wie eine Konzeptstudie, die es irgendwie in die Serienproduktion geschafft hat…
„Es ist interessant, dass Sie das sagen - der XK120 war in der Tat nie als Serienfahrzeug in größeren Stückzahlen gedacht. Er war eigentlich nur als Schaufenster für den Motor gedacht, der dann im Mark VII zum Einsatz kommen sollte. Jaguar hat das Design mehrfach überarbeitet, und einige der ersten Versuche waren ziemlich grauenhaft (lacht). William Lyons ließ Modelle in Originalgröße anfertigen, damit er um das Auto herumgehen und die Entwürfe beurteilen konnte. Die ersten Karosserien wurden aus Aluminium auf Eschenholzrahmen gebaut, was zeigt, dass man nur vorhatte, höchstens ein paar hundert Autos zu bauen. Als Jaguar die große Resonanz auf den XK120 bewusst wurde, stellten sie für die Produktionsmodelle schnell auf gepresste Stahlkarossen um, wobei die Hauben und Türen weiterhin aus Aluminium bestanden.“
Warum sollte sich jemand für einen XK120 und nicht für einen XK140 oder 150 entscheiden?
„Jede der drei Modelle hat seine Anhängerschaft, aber ich denke, der 120 ist der puristischste Vertreter - er hat die klarsten Linien und ist eben auch der erste der Serie. Von den drei Karosseriederivaten der 120er-Reihe ist das Fixed Head Coupé (FHC) dasjenige, das die meisten Leute als das schönste bezeichnen. Mit dem Cockpit und den geschwungenen Kotflügeln, die optische Anleihen beim Bugatti Typ 57SC Atlantic nehmen. Zum Roadster (OTS - Open Sports Tourer) tendieren die Leute wegen seiner Wettbewerbsgeschichte, das ist die Rennversion.
„Der Vorbesitzer dieses Wagens wollte einige Schwächen der frühen XK beheben, zum Beispiel die Lenkung und die Bremsen. Daher hat er Scheibenbremsen und anstelle der Kugelumlauf- eine Zahnstangenlenkung. Das geht natürlich zu Lasten der Originalität, so dass das Auto in seiner jetzigen Form nicht für historische Rennen und Rallyes geeignet ist. Aber als Straßenauto ist er wirklich großartig und alltagtauglich.”
Wenden wir uns dem XK140 zu. Inwiefern unterscheidet er sich vom XK120?
„Jaguar wandte das, was sie beim XK120 gelernt hatten, auf die im Oktober 1954 eingeführte XK140-Reihe an. Der Motor wurde um acht Zentimeter nach vorn gerückt, um mehr Platz in der nun 17 Zentimeter längeren Kabine zu schaffen, die beim 2+2-Coupé nun zwei Notsitze und im Roadster zusätzlichen Stauraum offerierte. Auch die Umrüstung auf eine Zahnstangenlenkung war ein großer Vorteil. Der XK140 behielt die fließenden Kotflügel, den Hüftschwung und die zweiteilige Windschutzscheibe des XK120 bei, doch die schwereren Stoßstangen (mit ‚Hörnern‘) und der nunmehr im Gussverfahren gefertigte Kühler mit nur noch sieben statt zuvor 13 Streben weichen etwas vom ursprünglichen Konzept ab.“
Manche sagen, der XK140 leide unter dem Syndrom des unbeholfenen Mittelkindes. Warum ist speziell der XK140 DHC eigentlich ein Volltreffer?
„Das Drop Head Coupé mit Kurbelfenstern statt Steckscheiben vereint wirklich das Beste aus beiden Welten. Man kann es offen fahrend im Sommer genießen und wenn das Wetter umschlägt, spannt man das gefütterte Verdeck auf. Der XK 140 ist wie erwähnt geräumiger, die Kabine ist luxuriöser - ein großartiges Allround-Auto, vor ein paar Jahren waren sie unglaublich beliebt, weil sie so viele Kriterien erfüllten.
„Dieses Exemplar ist eines der ganz wenigen, die nicht restauriert wurden. Das Interieur ist einfach zum Hinschmelzen schön - mit einem herrlich gealterten Leder, das immer noch fantastisch geschmeidig ist. Bemerkenswert auch, dass das Verdeck original ist. Man kann es runterklappen, im Gegensatz zu einigen anderen originalen XK, bei denen das Soft top wahrscheinlich reißen würde, wenn man es umlegt. Der Wagen hatte nur wenige Vorbesitzer und es handelt sich um einen Linkslenker, also ideal, wenn Sie damit auf dem Kontinent touren wollen. Insgesamt handelt es sich um ein wirklich schönes, originales Exemplar, vor dessen Einsatz man sich aber nicht scheuen sollte. Im Moment schätzt der Markt Originalität, insbesondere „Erstlackierungs-Autos“ wie dieses, daher hat er das Potential für eine vortreffliche Investition.“
Welche Philosophie steckt hinter der Überholung dieses Autos und für welche Klientel ist es gedacht?
„Wir haben den Motor, die Bremsen und die Aufhängung gründlich überholt sowie den Motorraum gereinigt. Der Wagen wurde neu nach Amerika geliefert und gehört einem bedeutenden Jaguar-Sammler. Er besaß ihn in der Schweiz, hat ihn aber nicht sehr oft benutzt, also hat er uns gebeten, ihn fachmännisch zu überholen. Er ist erst der dritte Besitzer, und er hat in den USA nur sehr wenige Kilometer zurückgelegt. Er hat eine so schöne Farbe und ist an Originalität kaum zu überbieten, weshalb wir das Verdeck auch nur gereinigt und nicht repariert haben. Er hat ein Moss-Getriebe, aber da das Auto nicht viel gelaufen hat, lässt es sich wunderbar fahren.
„Ich denke, dieser XK140 ist für jemanden geeignet, der ihn mit Bedacht nutzen möchte. Es handelt sich zwar nicht um ein Museumsstück, aber ich würde damit keine Rallyes oder Rennen fahren, dennoch ist er definitiv ein Auto, das man bewegen sollte. Dieser XK140 passt zu jemandem, der Originalität schätzt, das Leder riechen, den Lack betrachten und wissen will, dass er mehr oder weniger in dem Zustand ist, in dem er in den 1950er-Jahren das Werk verlassen hat. Ein Auto in diesem Zustand zu finden, ist unglaublich selten, also sollte jemand, der das zu würdigen weiß, es sich genau ansehen.“
Zum Schluss kommen wir zum XK150, dem neuesten und fortschrittlichsten der drei Modelle - wie unterscheidet er sich?
„Das ist ein interessantes Auto! Als der XK 150 1957 auf den Markt kam, hatte er sich weiterentwickelt und betonte zum Beispiel mit mehr Ellbogenfreiheit die Rolle des Grand Tourers stärker denn je. Aber es gab weiter die gleichen drei Karosserievarianten (OTS, FHC und DHC). Der Hüftschwung im Bereich der Hinterräder war weitgehend verschwunden, die Gürtellinie höher gerückt, auch die Flanken zeigten weniger Rundungen. Und er erhielt für eine bessere Rundumsicht eine einteilige Panorama-Windschutzscheibe. Die größte Innovation betraf jedoch die Bremsen. Denn der XK150 war serienmäßig und rundum mit erstmals 1952 im C-Type-Rennwagen eingesetzten Scheibenbremsen ausgestattet, was eine Weltneuheit war.
„Leider bringen es größere Autos oft mit sich, dass sie auch schwerer werden. Deshalb führte Jaguar die S-Variante ein, zunächst weiter mit dem 3,4-Liter-Reihensechszylinder, jedoch mit modifizierten Nockenwellen und drei SU-Vergasern. Dann wurde 1959 auch der Motor vergrößert, so dass der ultimative und schnellste XK150 der 3.8 S mit 265 bhp Leistung ist, ein wirklich phänomenales Auto. In Anbetracht der Größe und des Gewichts ist er dennoch eher ein Grand Tourer als ein echter Sportwagen.“
Dieser XK150 ist offensichtlich der rassigste von allen. Können Sie uns etwas mehr darüber erzählen, wie sich die Restaurierung dieses Wagens von der der anderen unterscheidet?
„Dieser Wagen war ursprünglich ein Standard-Roadster, der dann auf S-Spezifikation umgerüstet wurde. All diese Arbeiten wurden vor etwa 20 Jahren durchgeführt, er wurde dabei mit Blick auf Motorsporteinsätze sehr effektiv aufgerüstet. Unter anderem mit einem Les Trafford-Motor. Zugleich reduzierte man das Gewicht, um ihn für die Rennstrecken fit zu machen. Heute müsste man für diese Modifikationen wahrscheinlich mindestens 80.000 bis 10o.000 Pfund ausgeben. Dieses Exemplar war ein ziemlich bekannter Rennwagen in der XK-Serie. Es wurde viel gefahren und eine Reihe von Leuten haben sich hinter seinem Steuer die Zähne ausgebissen, aber am Ende mit viel Erfolg. Er hat aktuell keine FIA-Papiere, aber es wäre relativ einfach, sie zu bekommen.“
Okay, und zu wem passt dieses Schmuckstück idealerweise?
„Das Tolle an diesem XK150 ist, dass er mit der gesamten Originalausstattung geliefert wird. Im Moment hat er keine Stoßstangen, auch fehlt das Verdeck, aber er könnte ganz einfach zu einem sehr schnellen Straßenauto umgebaut werden, was sich anböte für Touring- oder Straßen-Rallyes.
„Ich denke, er würde zu jemandem passen, der einen sehr starken Rennwagen für historische Rennen sucht. Er ist vielleicht nicht für alle Events zugelassen, aber es blieben genug übrig, bei denen man tonnenweise Spaß haben könnte. Mit diesen Scheibenbremsen haben Sie die Garantie, dass Sie schnell fahren und genauso auch schnell verzögern können. Wenn Sie also etwas Spaßiges für die Rennstrecke und etwas Schnelles für die Straße suchen, vor allem auf dem Kontinent, da auch dieser XK linksgesteuert ist, wäre dies eine großartige Wahl."
„In der XK-Reihe ist halt für jeden etwas dabei. Die XK sind das Herzstück der DNA und des Stammbaums von Jaguar. Sie sind extrem nutzerfreundlich, die Verfügbarkeit von Ersatzteilen ist fantastisch, ebenso die Unterstützung durch die Clubs, und es gibt Hunderte von Treffen und Touren, an denen man teilnehmen kann. Alles in allem sind alle drei XK eine fantastische Möglichkeit, in das klassische Autofahren einzusteigen, und Sie können diesen Schritt in der Gewissheit tun, von einer großen Community unterstützt zu werden.“
Fotos: Rob Cooper für Classic Driver © 2022