Im Gegensatz zu bekannteren Zeitgenossen wie einem Aston Martin V8, Ferrari 365 GTC oder selbst einem Iso Grifo ist dieser Monteverdi nicht nur die extravagantere Wahl, ihn zeichnet zudem noch eine weitere Eigenschaft aus: Er gehörte einst Gunter Sachs, Regent der Playboys, und hatte vermutlich mit Brigitte Bardot nicht nur seine damalige Frau, sondern auch die unumstrittene Sexgöttin der Ära an Bord.
Aber die Historie wird noch weiter gewürzt durch das schwere Zerwürfnis zwischen Markengründer Peter Monteverdi und Karosseriebauer Frua, das sich an der Existenz dieses 375L entzündete. Man darf also annehmen, dass es viele Besucher an diesem Freitag zum Rasen der Quail Lodge zieht, denn dort werden Andreas Wüest und Morton Street Partners dieses Auto im Rahmen der Monterey Car Week zeigen. Schon im letzten Jahr hatten diese am selben Ort den sensationellen Monteverdi Hai ausgestellt.
Es handelt sich um genau das Exemplar, das Monteverdi ausgewählt hatte, um auf seinem Stand beim Genfer Autosalon im März 1968 alle Blicke auf sich zu ziehen, zusammen mit dem zweisitzigen High Speed 375S. Damals erstrahlte das Auto in hellblau mit einem wunderbar opulenten wenngleich unpraktischen Wildleder-Interieur.
Mit dem mächtigen Chrysler Magnum-Motor mit 7,2 Litern Hubraum, einer Topspeed von 250 Stundenkilometer und einem Sprint von 0 auf 100 Stundenkilometer in sechs Sekunden sowie zwei Rücksitzen muss dieser 375L für glamouröse und passionierte Fahrer geradezu unwiderstehlich gewirkt haben: Einmal die kontinentale Grand Tour mit Frühstück in London, Lunch in Paris und Diner in Monte-Carlo, ohne, dass das gewaltige Triebwerk dieses eleganten Langstrecklers außer Atem geraten wäre.
Tatsächlich war dieser 375L so überzeugend ausgeführt, dass er einen Monat nach der Enthüllung den ersten Preis in der Kategorie der luxuriösen viersitzigen Coupés beim Concours d´Elegance des AvD verliehen bekam.
Kurz danach wurde das Auto an den ersten Besitzer, den Basler Banker Alfred Hopf verkauft, der auch zu den begeistertsten Kunden der Marke zählte. Zuvor hatte er bereits Monteverdis Schweizer Ferrari-Franchise unterstützt und war auch Sponsor von Monteverdis „Ecurie HOBA“-Rennteam. Obwohl Hopf das Coupé sowohl wegen „Komfort und Verlässlichkeit“ schätzte, fielen ihm doch einige irritierende Merkmale auf wie beispielsweise „das Überhitzen bei Vollgas“, was sich aber durch zusätzliche Lufteinlassschlitze korrigieren ließ.
Als Hopf den 375L kaufte, war die Wildlederpolsterung bereits durch Leder ersetzt, ein Außenspiegel sowie Achtspeichen-Magnesiumräder montiert worden. Außen erstrahlte das Auto nun auch im markanten Ton „Aqua Verde“. Diese Modifikationen haben sich bis zum heutigen Tag erhalten.
Das Auto wurde auch an Frua ausgeliehen, um beim Pariser Autosalon 1968 ausgestellt zu werden und erhielt eine wohlwollende Besprechung im US-Magazin „Road & Track“, ehe es in die Hände seines berühmten dritten Besitzers, Gunter Sachs, wanderte, der bekanntlich mütterlicherseits auf das Vermögen der Opel-Familie Zugriff hatte und väterlicherseits auf jenes von Fichtel und Sachs.
Man kann durchaus annehmen, dass Sachs und BB – deren dreijährige Ehe 1969 endete – gemeinsam in diesem Monteverdi unterwegs waren, genauso, wie man glauben darf, dass Sachs-Intimus und autobegeisterter Superstar-Dirigent Herbert von Karajan ebenfalls in den Genuss der Beschleunigung des Magnum-V8 kam.
Tatsächlich ist dieses Exemplar so bedeutsam, dass Monteverdi es später zurückkaufte und es als Highlight in der Markensammlung und späterem Museum nach der Werksschließung ausstellte. Vermutlich wollte der Gründer diesen Frua-Monteverdi zurückhaben, weil er seinen Wert als wahren Solitär kannte.
Seine Karriere als Hersteller war zwar gerade ein Jahr alt, aber Monteverdi war begierig, seine Modellreihen auszubauen. Er hatte vorher dieses Auto selbst gezeichnet und designt, ehe er Frua bat, zunächst 50 Stück davon zu bauen. Aber dieses Modell hatte bereits soviel positive Resonanz erfahren, dass er dieses Ziel auf 100 Stück erhöhte. Doch finanzielle Schwierigkeiten bei Frua und Monteverdis Widerwillen, die Werkzeugkosten für die verdoppelte Produktion aufzubringen, hatten zur Folge, dass nur dieser eine Monteverdi 375L je gefertigt wurde.
Die einzig andere dieser von Frua entworfenen Karosserie wurde an AC verkauft und wurde der erste Vertreter des 1969 vorgestellten 429. Monteverdi wandte sich daraufhin mit dem Auftrag, ein neues Design zu entwickeln an die Carrozzeria Fissore in Savigliano bei Turin. Ein Auftrag, der – angeblich – 53 produzierte und verkaufte Versionen des 375L zur Folge hatte, ehe das Modell 1972 eingestellt wurde.
Obgleich sich Monteverdi wieder seinen geliebten Frua 375L sichern konnte, verlor er einen Rechtsstreit mit dem Karosseriebauer, bei dem es um die Rechte an dem Design ging. Es war wohl auch nicht hilfreich, dass der oftmals exzentrische Monteverdi ausdrücklich in der Broschüre betont hatte, „dass Form und Karosserie vom bekannten Karosserie-Couturier Pietro Frua aus Turin stammt“.
Diese Situation trug dazu bei, dass Monteverdi den Rest seines Lebens einen Groll gegenüber Frua pflegte und sogar auf die Einladung zum ersten internationalen Pietro Frua Meeting 1996 – 13 Jahre nach Fruas Tod – antwortete: „Das Haus Monteverdi kann in keiner Weise mit Frua kooperieren“.
Monteverdi selbst starb nur zwei Jahre später. Wir wünschen uns, dass die beiden Persönlichkeiten ihren Zwist im Jenseits begraben haben und an diesem Wochenende wohlwollend und stolz auf die Quail Lodge herabblicken – auf diesen One-off-Triumpf eines 375L mit der großartigen Formensprache Fruas. Wenn es Ihnen wie uns geht und Sie sich in diesen einzigartigen Monteverdi verliebt haben, dann kontaktieren Sie bitte Andreas Wüest.
Fotos: Glen Allsop