Einmal Car Guy, immer Car Guy
„Seit ich mich erinnern kann, bin ich ein Car Guy”, verrät Terry Larson, als wir aus der milden Luft Arizonas zu seiner Werkstatt hinabsteigen, in der auch seine Restaurationsfirma beheimatet ist. „Ich erinnere mich, dass ich schon mit acht Jahren auf ein Auto sparte!” Das Interesse für alle mechanischen Dinge war bei Larson zwangsläufig, schließlich wuchs er auf einer Farm auf. Die lebenslange Faszination für die Automobile aus Coventry ist dagegen für einen Amerikaner eher ungewöhnlich. Nachdem er die Berufsschule für das Automobil-Handwerk in Phoenix absolvierte hatte und danach ganz in den Bundesstaat Arizona übersiedelte, fand Larson zunächst Arbeit als Mechaniker bei einem Datsun-Händler. Aber er konnte den Autos mit dem berühmten „Z” nicht viel abgewinnen. „Ich habe mir einen kleinen Metallschuppen zugelegt, wo ich mein Werkzeug unterbringen konnte und nebenher ein paar Aufträge erledigte”, erinnert er sich liebevoll an diese Zeit zurück. „Damals habe ich auch meinen ersten Jaguar gekauft.”
Ein Jaguar voller Freude
Nachdem er einen Fahrbericht des neuen Jaguar E-Type im Magazin „Road & Track” gelesen hatte, suchte sich der begeisterungsfähige Larson ein ramponiertes Coupé, um seine Kenntnisse der Instandsetzung zu verbessern. „Zuerst habe ich mich in das Design und die Armaturentafel verliebt. Aber dann lernte ich auch das Engineering und die Technologie sehr zu schätzen – ich fand, es waren unglaubliche Autos, und so denke ich auch noch heute.” Diese befriedigende Erfahrung regte den mittlerweile mit seiner Frau Darlene verheirateten Larson an, seinen Job zu kündigen, um sich ganz auf das zu konzentrieren, was ihn erfüllte: Das Restaurieren alter Fahrzeuge. Engagement und Mühe kannte er zur Genüge, also machte er sich selbständig und erlernte seinen neuen Beruf quasi bei der Arbeit an einer Reihe von persönlichen Projekten, die auch Jaguar umfassten, wie auch an etlichen Kundenautos. „Einfach war es nicht”, erzählt er, „aber ich war überzeugt, dass wenn ich hart arbeitete, mein Bestes ablieferte und fair im Umgang mit Menschen war, ich meinen Lebensunterhalt mit meiner Leidenschaft sichern konnte.” Anfang der achtziger Jahre hatte sich Larson vor allem im Zirkel der amerikanischen Jaguarenthusiasten schon einen soliden Ruf erworben. Im Jahr 1984 erwarb er ein Grundstück in den Hügeln von Mesa und baute im Eigenregie seine wunderbare unterirdische Werkstatt sowie das Zuhause der Familie darüber. „Wir haben unser Haus und unsere Autos verkauft, um das Projekt zu finanzieren”, denkt Larson zurück. Das Opfer hat sich gelohnt.
Kühle Stille
Still und kühl, hat sich das Gebäude im Lauf der letzten drei Jahrzehnte in eine Art Museum verwandelt, in der nicht nur eine Auswahl der legendärsten Jaguar einen Platz gefunden haben, sondern auch die entsprechenden Dokumentationen, Automobilia, Larsons Trophäen und Schatztruhen, die zum Bersten mit Werkzeugen und Ersatzteilen angefüllt sind, die teils aus dem Werk in der Browns Lane in Coventry stammten. Man könnte fast meinen, in England zu sein. So magisch ist die Atmosphäre dieses Orts. Interesse und Nachfrage nach den bedeutendsten Klassikern explodierten in den späten Achtzigern, damals hat Larson auch erstmals einen C-Type bei sich aufgenommen – jenes Modell, das mit seinem Namen und seiner Sammlung am engsten verbunden ist. „Ich konnte den Wagen mit Chassisnummer XKC 007 vollständig restauriert direkt nach England verkaufen”, erzählt Larson, „aber kurz danach entdeckte ich XKC 017, der noch heute mir gehört. Ich habe viele Touren mit dem Jaguar unternommen und an über 100 Rennen teilgenommen. Ich musste nur einmal vor Rennende aufgeben, als eine Achswelle brach. Der Stummel der Achse dient jetzt als Türstopper in der Werkstatt!”
Einladung an eine Legende
Im nächsten Jahr erhielt Larson erstmals den Auftrag, einen Jaguar D-Type – er trug die Chassisnummer XKD 552 – für einen Schweizer Sammler zu restaurieren, der damit im Anschluss bei der Mille Miglia an den Start ging. Zusammen mit diesem vom Flugzeugbau inspirierten Sport- und Rennwagen, kaufte Larson den Wagen mit Nummer XKD 513. Mit diesem Auto, das 1957 den dritten Rang in Le Mans errang, bestritt er Rennen und war ebenfalls bei verschiedenen Touren dabei. Während der neunziger Jahre nutzte er die Gunst des Marktes und kaufte, restaurierte und verkaufte bedeutende Jaguar wie beispielsweise den berühmten SS90-Prototyp, der später in Pebble Beach Auszeichnungen erhielt. Bei großen Paraden der C- und D-Types, die in dieser Zeit in Europa vom Werk organisiert wurden, lernte Larson Jaguars legendären Testfahrer Norman Dewis kennen. Das Duo verstand sich auf Anhieb sehr gut, und als Larson wieder in die USA zurückgekehrt war, sinnierte er, wie er Dewis über den Atlantik locken könnte. „Wieder zuhause, rief ich ihn an und fragte, ob er unser Gast sein würde, wenn wir eine Ausfahrt für C- und D-Type-Eigner organisierten.”
Wenn der Blitz einschlägt
Dewis sagte zu und Larsons Tour, die mittlerweile seit 20 Jahren stattfindet, avancierte zum wichtigsten amerikanischen Treffen für die Besitzer dieser fantastischen Maschinen. „Dewis war immer im Dienst - er konnte einfach nicht abschalten”, erinnert sich Larson lächelnd an diese Zeit. „Einmal waren wir zum Lunch in meinem E-Type Roadster unterwegs und dauernd hörte er in das Fahrzeug hinein und überprüfte es. An einer Ampel blickte ich zu ihm rüber und lachte. Er lächelte zurück und meinte: „Bei diesem hier haben wir wirklich alles richtig gemacht, nicht wahr?”” Und ob.
In den späten neunziger Jahren schlug in Larsons Leben zweimal der Blitz ein – er wurde bei einem Autounfall verletzt und fast zeitgleich wurde bei ihm Krebs diagnostiziert. Trotz dieser Widerstände schonte er sich nicht und arbeitete unermüdlich weiter, damit die Projekte rechtzeitig fertig werden würden. „Ich bereitete gerade den SS90-Prototyp für Pebble Beach vor. XKD 518 und den E-Type Lightweight, den wir in Los Angeles gefunden hatten, richtete ich für eine Auktion her und zugleich war ich mit der Recherche und der Dokumentation für XKC 023 beschäftigt”, schildert er. „Ich war erstaunt, wie schnell ich mich ohne die typischen 16-Stunden-Tage erholen konnte!” Seine sorgfältige Arbeit zur Lösung im verwirrenden Fall des Wagens Nummer XKC 023 – ein Exemplar, dessen Identität damals von gleich zwei anderen Autos beansprucht worden war – bewegte Larson, ein umfassendes C-Type-Register anzulegen, das in der Folge von der Marke selbst veröffentlicht wurde.
Lebendige Historie
Eine zweite große Liebe kündigte sich 1999 an, als Larson ein in der Szene unter dem Kürzel OKV 2 bekanntes Auto erwarb – jenen wichtigsten Werks-D-Type, den Stirling Moss und Peter Walker 1954 in Le Mans pilotierten. „Wieder einmal hat mir meine Frau gesagt, dass ich verrückt bin”, lacht Larson. „Bevor ich das Auto in die USA schicken lassen wollte, erhielt ich aus Goodwood die Einladung, beim Revival mitzumachen. Erst in Goodwood sah ich das Auto, setzte mich rein und fuhr los – im strömenden Regen. Es war toll.” Darauf sollten zwölf glückliche Jahre als Besitzer von OKV 2 folgen, in denen der Tacho über 22.000 Meilen mehr zählen sollte. Norman Dewis selbst bestritt damit zwei Rennen in Monterey.
Allein diese Geschichte vermittelt einen lebendigen Eindruck von Larsons tiefer Leidenschaft und seinem Respekt für diese außergewöhnlichen Sportwagen und der kleinen Gemeinde, in der sie sich bewegen. „Ich empfinde es als Privileg, dass ich mein Leben damit verbringen konnte, das zu tun, was ich am meisten genieße. Diese Automobile haben Geschichte geschrieben – wir besitzen sie nie wirklich, sondern sind eher ihre Bewahrer”, betont er. „Ihre Seele zählt mehr als der materielle Wert, sie verkörpern Herz und Geist jener Menschen, die sie entwickelt, gebaut und getestet haben, und dazu gehören auch die Menschen, denen sie gehört haben und so ihren Anteil zu diesen Geschichten beitrugen.” Bescheiden und von profunder Sachkenntnis ist Larson selbst von großem Wert für die Marke. Man kann nur hoffe, dass die nächste Generation amerikanischer Enthusiasten dieses leidenschaftliche Bekenntnis weiter pflegt. Und wer könnte sich nicht in eine englische Raubkatze verlieben?
Text & Fotos: Rémi Dargegen für Classic Driver © 2018