Viele von uns können den Moment benennen, an dem uns die Liebe für einen bestimmten Auto-Typ ergriff und wir den wahren Weg erkannten, der uns brillant, schillernd und ganz eindeutig zeigte, was wir eines Tages selbst besitzen oder sammeln würden. Für Henry Pearman ereignete sich dieser schicksalhafte Moment an einem verregneten Septembertag im Jahr 1982, als er mit Studienfreund Roger Collingwood nach Brands Hatch fuhr, und erlebte, wie Jackie Ickx und Derek Bell den Sieg bei dem 1.000-Kilometer-Rennen in einem Porsche 956 davontrugen.
Es war Pearmans erste Begegnung mit Sportwagen-Motorsport und, was noch wichtiger ist, auch sein erstes Erlebnis der wutschnaubenden, feuerspuckenden Gruppe C-Maschinen – der Appetit des 19-ährigen Pearman war geweckt. „Ich werde nie unseren ersten Anblick der Gruppe C-Autos in Aktion vergessen – die Geschwindigkeit, die Flammen, die aus den Turboladern loderten, der Nervenkitzel von alledem. Ich habe mich auf der Stelle verliebt.“
Das Entfachen dessen, was eine brennende Leidenschaft werden sollte, erhielt im folgenden Jahr noch mehr Zündstoff, als Pearman und Collingwood ihre erste Pilgerfahrt nach Le Mans unternahmen und erlebten, wie die Rothmans Porsche 956 dem Team den ersten und zweiten Platz sicherten, wobei der 956 von Kremer Racing die Ziellinie als dritter im Bunde passierte. Es war ein Moment, der Pearman „süchtig machte“, so süchtig, dass er dank seiner seit 1984 bestehender Eagle E-Types-Firma begann, Gruppe C-Autos zu sammeln. Das erste wanderte 2001 in seinen Besitz: ein Silk Cut Jaguar von 1986, Chassisnummer 385, direkt von TWR erstanden.
Im Lauf der letzten 20 Jahre hat Pearman ein kleines Vermögen erbettelt und geliehen, um noch weitere Legenden der Gruppe C zu kaufen. Was noch bemerkenswerter ist: Durch seine Leidenschaft kam so die bedeutendste Sammlung von Porsche-Modelle außerhalb des Werksbesitzes zusammen. Und beim Goodwood Members´ Meeting an diesem Wochenende werden alle neun dieser spektakulären Maschinen – völlig fahrbereit – zu bestaunen sein. Es verspricht die seltene Gelegenheit zu werden, alle Fahrzeuge vereint in einem Motorsport-Kontext. Eine Chance, die sich keine Gruppe C-Enthusiast entgehen lassen darf. Hier folgen kurze Beschreibungen aller ausgestellten Exemplare.
Werks-Porsche 956 008
Speziell im Werk für Le Mans 1983 gebaut, wurde dieser Porsche von Stefan Bellof und Jochen Mass gefahren, die sich für den dritten Startplatz qualifiziert hatten. Sie führten in den ersten vier Stunden das Rennen an und erzielten die zweitschnellste Rundenzeit und mit knapp über 350 Stundenkilometer die zweithöchste Geschwindigkeit auf der Mulsanne-Geraden. Das Auto hielt sich die nächsten 22 Stunden tapfer trotz technischer Probleme, musste aber dann aus dem Rennen gezogen werden. In der nächsten Woche gewann Bellof damit die angesehene „Gold Race“ am Norisring, danach wurde es in Weissach leicht beschädigt. Es war leicht zu reparieren und wurde an Richard Lloyd Racing ausgeliehen – es erhielt die Nummer „007“ und wurde in 1984 als Kamerafahrzeug eingesetzt. Im selben Jahr wurde es in Le Mans von „Pink Floyds“ Nick Mason gefahren. Es wurde in der Saison als werkseigener Rothmans-Porsche noch in drei weiteren Rennen eingesetzt und unter anderem von Vern Schuppan, Johnny Dumfries und Jack Brabham gefahren und mit einem Podiumsplatz 1985 belohnt. Es wird heute in der umfassenden Rothmans Sprint-Konfiguration präsentiert und besitzt die originale Le Mans-Karosserie.
Fitzpatrick Porsche 956 114
Hier handelt es sich um eines von nur vier gefertigten Chassis, die für die Weltmeisterschaft gemäß der 956 84 „B“-Spezifikation ausgelegt waren und um eines der drei erhaltenen Maschinen. Als „Kunden“-Version des Werks-Rothmans 956 besitzt es das gleiche sonderangefertigte Norbert Singer-Chassis sowie ein fürs Werk konfiguriertes Bosch MP 1.2 Motronic-Motormanagement mit mehr Leistung, verbessertem Verbrauch und gleichmäßigerem Ansprechverhalten. Das Auto absolvierte drei Saisons mit dem Fitzpatrick-Team – zunächst in Skoal Bandit-Farben und später im Outfit von American 100 und dann Danone. Es erreichte 1984 den zweiten Platz bei den 1000km-Rennen am Nürburgring und Mosport und erreichte dreimal in Le Mans das Ziel (zweimal an vierter Stelle und als dritter in 1984), zugleich sicherte sich Derek Bell 1986 den Welttitel der Fahrer. Jetzt erscheint es wieder in den Skoal Bandit-Farben, es trägt die volle Sprint-Karosserie und für hohe Downforce konzipierte Front- und Heckpartien.
Werks-Porsche 962 004
Diese Auto wurde erstmals 1985 in Le Mans gefahren von Al Holbert, John Watson und Vern Schuppan. Als fünftes gestartet, arbeitete es sich innerhalb der ersten sechs Stunden auf den zweiten Platz vor, wo es die nächsten zehn Stunden blieb, bis es aufgrund eines Motorschadens drei Stunden vor Rennende ausscheiden musste. Das Auto startete 1986 in Le Mans von der Pole Position aus. Später im Jahr erlitt es einen Schaden am Nürburgring – in der ersten Kurve bei sintflutartigem Regen mit Hans Stuck am Steuer und kurz bevor die rote Fahne geschwenkt wurde.
Der 962 wurde neu aufgebaut und 1987 an Joest Racing verkauft, die es als werks-unterstütztes einsetzten (nach das Werk von der Weltmeisterschaft verabschiedet hatte). Derek Bell und Hans Stuck fuhren das Auto in den Rothmans-Farben bei den Nürburgring 1000km und fuhren hinter dem Jaguar XJR8 auf den zweiten Platz. Später kamen noch Aufkleber von Blaupunkt, Camel und SAT dazu und es erlebte seinen größten Moment 1988 als sich David Hobbs, Franz Konrad und Didier Theys den fünften Rang erkämpften. Es ist jetzt umfassend in Rothmans-Farben restauriert und wird an diesem Wochenende wiedervereint mit John Watson am Steuer.
Werks-Porsche 962 007
Dies ist einer von zwei letzten Rothmans-Werkswagen in Leichtbau, die 1987 gebaut und dann im folgenden Jahr ein Update nach Shell Dunlop-Spezifikation für Le Mans erhielten, mit dem Ziel, die leichteren und wirtschaftlicheren Karbon-Jaguar zu schlagen. In der Vorbereitung auf das Le Mans-Rennen in dem Jahr wurde das Auto in Weissach von Hans Stuck bei einem letzten Test beschädigt. Es blieb keine Zeit für Reparaturen. Für die Le Mans-Auflage 1988 wurde es wieder komplett aufgebaut und optimiert und in Shell-Farben gekleidet. Zusätzlich an Bord war die stärkere Bosch MP 1.7-Spezifikation. Vern Schuppan, Bob Wollek und Sarel van de Merwe fuhren damit auf einen Qualifying-Platz in der ersten Reihe. Sechs Stunden führte der Porsche das Rennen an, ehe ein Motorversagen um vier Uhr morgens alle Träume beendete. Es wurde danach von Joest erworben und fuhr in Kyalami mit Klaus Ludwig auf den zweiten Platz, 1989 erzielte es Podiumslätze in Suzuka und bei der Nürburgring-Runde der ADAC-Meisterschaft. In Le Mans 1989 startete der Rennwagen aus der siebten Reihe mit Winter und Raphanel am Steuer, die sich innerhalb der ersten sechs Stunden durch das Feld vor auf den zweiten Platz kämpften, ehe ein Wasserleck das Rennen beendete. Das letzte Rennen der Saison war in Del Mar. Danach versetzte Joest das Auto zurück in die Le Mans-Konfiguration von 1988 und behielt es bis 1995 – danach wurde es an einen amerikanischen Sammler verkauft. Pearman erwarb das Auto vom nächsten Besitzer ein Jahrzehnt später. Die umfassende Restaurierung wurde 2019 vom 956/962-Spezialisten Katana Ltd. abgeschlossen.
Werks-Porsche 962 008
Dies ist der allerletzte Werks-Rothmans Porsche, der gefertigt wurde. Er wurde mit der Nummer 17 von Derek Bell und Hans Stuck gefahren und sprintete auf vier aufeinander folgende Pole Positions, unter anderem in Le Mans sowie das Erreichen des Podiums in jedem Sprint-Rennen, an dem es zur Startlinie rollte. Zum besonderen Merkmal des Autos gehört, das es eines der wenigen 962 mit Porsches damals sehr exotischem PDK-Doppelkupplungsgetriebe ist. Obwohl der 962 in die Saison 1987 mit zwei zweiten und zwei dritten Plätzen startete (Jarama und Monza, respektive Silverstone und Jerez), war Le Mans ein Desaster. Obwohl Mass, Wollek und Schuppan tatsächlich von der Pole starteten und in den ersten Runden führten, führte der magere Betrieb wegen schlechten Treibstoffs zu einem Kolbenschaden und das Aus in Runde 16. Im nächsten Jahr konnte immerhin an der Sarthe ein sechster Platz durch das Familientrio Mario, Michael und Jeff Andretti eingefahren werden. Danach gab es bei den 1000km von Fuji einen letzten Start, denn es sollte dies Porsches letzter Auftritt der Gruppe C-Ära sein. Anschließend wurde es von Schuppan erworben, der es zum dritten und letzten Mal nach Le Mans führte, wo das Auto in Omron-Farben fuhr und sich bis zum vierten Platz durchsetzen konnte, ehe es schließlich als zehnter über die Ziellinie fuhr – ein bemerkenswerte Leistung, denn es hatte zwei volle Stunden in der Boxengasse gestanden, weil alle Benzinleitungen ersetzt werden mussten. Im darauffolgenden Jahr wurde es an einen Sammler verkauft und kehrt nun in den Le Mans-Pole-Farben von 1987 und mit der Nummer 18 in Rothmans-Livree zurück.
Werks-Porsche 962 010
Obwohl es das Auto der Sammlung ist, das am wenigsten gefahren wurde, gilt es dennoch als das wichtigste. Mit dem ausdrücklichen Ziel gebaut, Le Mans in 1988 zu gewinnen, war es gespickt mit den neuesten Leichtbau-Komponenten und hatte als Team die wohl besten Fahrer der damaligen Zeit: Hans Stuck, Derek Bell und Klaus Ludwig. Mit einer Leistung von 892 PS pulverisierte es die Konkurrenz im Qualifying, wobei Stuck eine Rundenzeit von drei Minuten 15,6 Sekunden ablieferte. Im Rennen selbst ging dem Auto hoch dramatisch der Treibstoff aus und es stotterte dank Startermotor in die Boxengasse. Aber dann schoss es wieder los und direkt an die Spitze, nur um durch ein Problem mit dem Ladeluftkühler zurückgeworfen zu werden – doch dann rettete der Regen die Aussichten.
Stuck galt als bester Regenfahrer seiner Ära und das Auto war gegenüber den sparsameren Jaguar nicht mehr im Hintertreffen, denn alle mussten auf dem nassen Kurs langsamer fahren. Stuck verlor keine Zeit beim Wechsel auf regenreifen, sondern beendete das Rennen spektakulär auf Slicks und passierte das Ziel als beachtlicher zweiter und in derselben Runde wie der siegreiche Jaguar. Danach gab 962 010 noch ein Gastspiel bei einem Sprintrennen am Nürburgring, ehe der Porsche an einen amerikanischen Sammler verkauft wurden. Es ist heute noch im selben Zustand, in dem es Le Mans beendete.
RLR Team Porsche 962 200
Richard Lloyd Racings einmaliges, von Nigel Stroud entworfenes Bienenwaben-Chassis ist ein wesentlicher Aspekt dieses 3,0-Liter-Autos, das 1988 gebaut wurde, damit Derek Bell, James Weaver und Tiff Needell im Team bei der Weltmeisterschaft gegen die dominierenden Jaguar XJR 9 antreten konnten. Es fuhr starke Resultate in Jerez (vierter Platz) und am Nürburgring (siebter Platz) und Tampa (dritter Platz) ein und trat im folgenden Jahr mit Sponsor CABIN wieder an. Von RLR ging es an Nick Mason und dann zu Murray Smith mit dem es Erfolge in der HSR-Serie im historischen Motorsport verbuchte, ehe der Porsche 2003 Teil von Pearmans Sammlung wurde. Seitdem wurden einige Siege eingefahren und es wurde in die CABIN Le Mans-Farben von 1989 zurückversetzt.
RLR Team 962 201
Der Gefährte von 962 200 debütierte 1989 in Le Mans mit den Farben von Raika und wurde von David Hobbs, Steven Andskar und dem künftigen Formel 1-Weltmeister Damon - in seinem einzigen Le Mans-Rennen – pilotiert. Das Auto schaffte 228 Runden in 14 Stunden, ehe es aus dem Rennen gezogen werden musste. Im nächsten Jahr erhielt es sein pinkfarbenes Kleid dank der Partnerschaft mit Italya Sports und behielt es als einziges Auto, das von RLR gemeldet wurde, während der gesamten Meisterschaftssaison. Obwohl es wieder nicht Le Mans beenden konnte, erzielte die Nummer 201 einen wichtigen dritten Platz in Montreal – es sollte sich als das letzte Podium für einen 962 in einer Weltmeisterschaftsrunde herausstellen. Der Porsche avancierte zu einem vertrauten Anblick bei historischen Gruppe C-Veranstaltungen und fuhr mit Pearman zum Sieg in der Meisterschaft 2008. Es ist weiter in der ursprünglichen pinkfarbenen Livree von 1990 zu sehen.
Porsche 962 087
Die von Pearman zugeteilte Kennung 962 „087“ bezieht sich auf alle ehemaligen Werkskomponenten von 1987, die an Bord sind, und könnte ein ehemaliges Werks-Leichtbau-Versuchsfahrzeug sein. Aber das muss noch bestätigt werden. Dieser Porsche besitzt allerdings den Werks-Qualifying-Motor des Le Mans-Siegers von 1987 (962 006), ein Le Mans-Werksgetriebe und das ursprüngliche Leichtbau-„Sprint“-Heck des 962 008 sowie viele Teile, die ausschließlich Werkswagen vorbehalten waren wie sonderangefertigte Stützen, spezielle Bremssättel und das Dreifach-Messgerät, das nur in Werks-PDK-Fahrzeugen eingesetzt worden ist. Es wurde 2002 Teil der Sammlung und wurde mit einem Ersatz-PDK-Getriebegehäuse und den originalen Türen des 1987 in Le Mans siegreichen 962 006 geliefert, letztere wurden während der erheblichen Umwandlung zur MP 1.7-Spezifikation ausgewechselt. Es war 1988 das „T“ Car – Ersatzfahrzeug - in Le Mans.
Fotos: Tom Shaxson for Classic Driver © 2022