Eine äußerst attraktive Entscheidung
Mit seinem 350 PS starken, quer eingesetzten Mittelmotor-V12 war der Lamborghini Miura technisch höchst innovativ und dazu noch beeindruckend schnell – bis zu 274 km/h erreichte der Stier aus Sant’Agata. Geschichte schrieb der Lamborghini Miura jedoch vor allem wegen seiner äußerst attraktiven Erscheinung. Als im November 1965 zunächst das Chassis des neuen Sportwagenmodells enthüllt wurde, war von den sinnlichen Kurven allerdings noch nicht viel zu sehen. Alle Welt sollte sich schließlich auf die ingenieurstechnische Revoltion konzentrieren. Und tatsächlich: Die Resonanz war enorm! Gian Paolo Dallara und sein Team hatten etwas konstruiert, das sich radikal von den damals dominanten Frontmotor-GTs unterschied. Als der junge Designer Marcello Gandini im darauffolgenden Jahr für die Carrozzeria Bertone seinen ersten Entwurf auf’s Papier brachte, war dem Miura sein Platz in den Geschichtsbüchern kaum mehr streitig zu machen.
Kein Daily Driver
Strukturell basierte der Lamborghini Miura auf einem Leichtbau-Rahmen und Karosserieteilen aus Aluminium. Front und Heck konnten komplett aufgeklappt werden, um den Zugriff auf die Technik darunter zu erleichtern. Der Motor war direkt hinter den Sitzen positioniert worden und hielt Fahrer wie Beifahrer selbst auf langen Strecken mit seinem legendär kehligen Dröhnen und Fauchen wach. Der Miura war und ist kein Daily Driver – der allgegenwärtige Motorsound und die typisch-italienische Sitzposition steckten einem schnell in den Knochen. Und wer sich heute einen Miura zulegt, sollte vorher unbedingt ausprobieren, ob die Kopffreiheit ausreichend ist. Und wo man schon beim Probesitzen ist, kann man sich auch gleich mit der Armada kaum zu identifizierender Knöpfe und Schalter vertraut machen, die überall im Cockpit verteilt sind.
Der ursprüngliche Lamborghini Miura P400 (wie er hier zu sehen ist) wurde recht bald vom Miura S abgelöst, der an seinen zahlreichen Chromelementen leicht zu identifizieren ist. Die S-Version profitierte von einem stabileren Chassis, das bereits im Laufe der P400-Produktion eingeführt worden war, sowie 20 zusätzlichen PS, so dass er laut Lamborghini stolze 370 PS auf die Straße brachte. Auf den Miura S folgte der SV – ein 385 PS starkes Ungetüm mit breiter Karosserie, das sich schließlich auch von den modelltypischen Scheinwerfer-Wimpern verabschiedete. Die Legende besagt, das in Sant’Agata schlicht und einfach die geriffelten Finnen ausgegangen waren. Zuletzt folgte schließlich der berühmte SVJ – jener ultimative Miura, der nur viermal gebaut wurde und den Look des Experimentalprototypen Jota kopierte, den der Entwicklungsingenieur Bob Wallace für Lamborghini gebaut hatte.
Sind Sie bereit für das "Abenteuer Miura"?
Doch ganz egal, welchen Miura man in sein Herz geschlossen hat: Es ist wichtig zu wissen, das dieser frühe Lamborghini ein fragiles Sportgerät und kein alltagstauglicher Langstreckentourer ist. Doch wer sich einmal auf das Abenteuer Miura eingelassen hat, kann sich über ein unglaubliches kraftvolles und bildschönes Automobil freuen, wie es kein zweites gibt.
Der hier gezeigte Lamborghini Miura P400 von 1968 gehörte ursprünglich der kuwaitischen Königsfamilie und wurde unlängst in seinen Originalzustand und die ursprüngliche grün-schwarze Farbkombination zurückversetzt. Der Wagen hat nur 28.000 Kilometer auf dem Tacho und wird am 8. September 2014 von RM Auctions in London versteigert. Der Schätzpreis liegt bei 530.000 bis 700.000 Pfund Sterling.
Fotos: Roman Rätzke © 2014 Courtesy of RM Auctions