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Sind Sie exzentrisch genug für den Rolls-Royce des Öltycoons Nubar Gulbenkian?

Der armenische Ölbaron und professionelle Playboy Nubar Gulbenkian war einer der großen Exzentriker des 20. Jahrhunderts – und ein Liebhaber maßgefertigter Automobile. Sein Rolls-Royce Silver Cloud II LWB Sedanca de Ville aus dem Jahr 1961 steht nun bei Andreas Wüest in der Schweiz zum Verkauf.

Es zählt zu den Zufällen der Geschichte, dass Sie diesen Artikel auf ihrem Bildschirm exakt 50 Jahr und einen Tag nach dem Tod von Nubar Gulbenkian lesen können – der legendär geistvolle Playboy, Gourmet und Connaisseur von hohen Gnaden verlies unsere Erde am 10. Januar 1972. Und obwohl von ihm berichtet wird, dass er erst kurz nach seinem 65. Geburtstag mit dem Autofahren begann, drückte Gulbenkian der Welt der Automobile doch seinen unauslöslichen Stempel auf. Wir bei Classic Driver erfreuen uns an der Biografie des Exzentriker nicht zuletzt wegen seines Hangs, sich in komplett exklusiv angefertigten Autos chauffieren zu lassen. Ein bestechendes Beispiel für diese Vorliebe ist dieser Rolls-Royce Silver Cloud II LWB „Sedanca de Ville“ von 1961 , der zum allerersten Mal öffentlich zum Verkauf angeboten wird und aktuell beim Schweizer Händler Andreas Wüest residiert.

Wer zuvor noch nie von Nubar Gulbenkian gehört hat, wird nach dieser Einleitung trotzdem nicht überrascht sein zu erfahren, dass er nicht einfach nur wohlhabend war, sondern zu den reichsten Menschen der Welt gezählt wurde. Das lag nicht zuletzt daran, dass er als Sohn des Calouste Sarkis Gulbenkian – einem berüchtigt geizigen britisch-armenischen Ölmagnaten, auch bekannt als „Mr. Five Per Cent“ – seinen Anteil an den Verkäufen irakischen Öls an den Westen hatte. Gulbenkian Junior erblickte das Licht der Welt 1896 im Osmanischen Reich, musste aber alsbald in einer nach dem britischen Premier Gladstone benannten Reisetasche außer Landes geschmuggelt werden, um vor dem sich abzeichnenden Genozid an den Armeniern sicher zu sein. Das war der abenteuerliche Auftakt zu einem Leben, das von da an nur noch aufregender verlief.

Die Flucht führte ihn nach England, wo er in der feinen Privatschule Harrow eingeschult wurde, ehe er dann am Trinity College in Cambridge Jura studierte. Sein Hauptaugenmerk galt dort dem Erlernen der Kunst, ein englischer Gentleman zu sein – was zu einer umfassenden Wertschätzung der Damen, einer Leidenschaft für Kulinarik und einer kühn-verwegenen Attitüde gegenüber Kleidung führte. Seine Garderobe war gelinde gesant extravagant, als Accessoires wählte er stets ein Monokel und eine frische Orchidee fürs Knopfloch, die er zur Not auch einfliegen ließ. Aber Gulbenkian war nicht nur ein Dandy, sondern auch ein Mann der Tat, der während des Zweiten Weltkriegs eine Schlüsselrolle für den britischen Geheimdienst in der sogenannten „Pat O´Learly Line“ spielte – einer Operation, bei der in Frankreich gestrandete alliierte Soldaten und Flieger über die Pyrenäen ins neutrale Spanien geschmuggelt wurden. 

Zurück im bürgerlich-zivilen Alltag nach dem Krieg, stürzte sich Gulbenkian wieder lustvoll in die Society – dazu gehörte das stete Hin- und Her zwischen Geschäftstreffen, Lunch-Verabredungen, Rendezvous mit Damen und Soireen. Das stilvolle Niveau dieses gesellschaftlichen Treibens veranlasste ihn, seine erste automobile Sonderanfertigung in Auftrag zu geben: Der Rolls-Royce „Pantechnicon“ von 1947, dessen Blechkleid vom Karosseriebauer Hooper geschaffen wurde, sollte zeigen, wie sich das Auto weiterentwickelt hätte, „wenn der Krieg nie stattgefunden hätte“. Das Resultat dieser Bemühungen war ein panzerähnliches Ungetüm mit einem unerkennbaren Kühlergrill, zweifarbigem Lack in Bronze-Metallic, dazu abgestimmten Holzapplikationen im Interieur und Polstern aus einem von den Textilexperten im Westen Englands gefertigten Stoff „in Schattierungen aus dunklem und hellen Sand“.

1956 beauftragte er Hooper wieder: Dieses Mal wurde ein Rolls-Royce Silver Wraith in Manufaktur gebaut, den Gulbenkian nutzen wollte, wenn er sich in seinem fantastischen südfranzösischen Anwesen Domaine des Colles nahe Grasse aufhielt. Um die südlichen Sonnenstrahlen ausgiebig zu genießen, bestellte Gulbenkian ein Plexiglasdach. Es war dies das erste Exemplar einer Reihe von „Specials“, die einen unverstellten Blick in Himmel erlaubten, unter ihnen eine Flotte von Londoner Taxis, die in dem „Brougham Sedanca“-Stil und mit Rolls-Royce-Motoren ausgestattet wurden. Gulbenkian bemerkte einmal, dass er die Openair-Konfiguration spezifizierte, „weil er den Zustand trocken zu sein, nur genießen konnte, wenn er beobachtete, dass jemand nass wurde.“

Der anspruchsvolle Tycoon hatte sich eine ganz neue Art von offenem Dach in den Kopf gesetzt, als er im Februar 1960 bei dem berühmten Bentley- und Rolls-Royce-Händler Jack Barclay einen Rolls-Royce Silver Cloud bestellte – das Auto mit Chassisnummer LCA 39 wird nun von Andreas Wüest angeboten. Der Rolls-Royce mit seltener Park Ward-Karosserie mit langem Radstand (Nummer LCT 61) wurde anschließend ohne Kotflügel und Kofferraumdeckel an den Karosseriebauer James Young weitergereicht. 

Das Projekt nahm Fahrt auf und wurde angeschoben von einem Kunden, der ein „Nein“ nicht als Antwort gelten ließ. Gulbenkian bestellte ein für die damalige Zeit einzigartiges elektrisch bedienbares Dach im Stil „Sedanca de Ville“ – doch es für den Silver Cloud zu fertigen, erwies sich selbst für die Meisterhandwerker bei James Young als zu komplex. Das Auto wurde daraufhin zum Umbauspezialisten FLM Panelcraft in Südlondon transportiert, wo es 18 Monate später die Werkstätten mit dem Kennzeichen „NSG 2“ – für Nubar S. Gulbenkian – sowie einem weiteren „diplomatischen“ Kennzeichen verließ: im Einklang mit Gulbenkians Rolle als Attaché der persischen Botschaft.

Die vielen komplexen technischen Merkmale des Rolls-Royce wurden seinerzeit bestens dokumentiert und belegen, dass das sich automatisch öffnende Dach sowie die markanten, eingelassenen Front- und Heckleuchten von Panelcraft stammen. James Young hingegen war wohl für das prachtvolle, in seiner inzwischen in wunderbar patinierter Originalform erhaltene Interieur verantwortlich. Die vorderen Sitze und die Armaturentafel sind in Leder ausgekleidet – praktisch, sollte der glücklose Chauffeur bei offenem Dach im Regen fahren müssen. Für den abgeteilten Fond wurde ein wohliger Stoff gewählt, beide Segmente in unterschiedlichen Grüntönen konfiguriert und durch einen passenden Lambswool-Teppich verbunden.

Noch etwas lässt vermuten, dass Gulbenkian wohl der ultimative Rückbankfahrer war: Der Fond des Silver Cloud wurde mit eigenem Tachometer und einer Sprechanlage ausgerüstet – „Fahren Sie langsamer, Jackson! Es gibt sonst einen Unfall. Schneller, Jackson, wegen Ihnen verspäte ich mich noch!“ Anzünder und Aschenbecher zählen natürlich auch zur Ausstattung, denn der Tycoon in der zweiten Reihe rauchte wie Churchill leidenschaftlich gerne Zigarren. Es gibt sogar ein Paar ungewöhnliche, mit einer Glasfront versehene Behältnisse, in denen eventuell die Zeitungen verstaut werden konnten, die Gulbenkian studierte, um sich über Marktbewegungen auf dem Laufenden zu halten. Schließlich zählt zu seinen bekannteren Bonmots: „Ein Vermögen kümmert sich nicht um sich selbst.“

Fotos: Rémi Dargegen © 2022 / Getty Images

Diesen einzigartigen Rolls-Royce Silver Cloud II LWB Sedanca de Ville sowie andere faszinierende Automobile finden Sie bei Andreas Wüest im Classic Driver Markt.

Dieser Artikel wurde im Rahmen einer bezahlten Partnerschaft mit der Andreas Wüest AG produziert und veröffentlicht. Als Quelle diente unter anderem der Artikel „Not possible? Not acceptable!“ von Bruno V. Nünlist. Classic Driver ist nicht verantwortlich für den Inhalt des Artikels sowie die darin enthaltenen Informationen.