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Von dieser Porsche-Reunion in Le Mans hätten wir nicht zu träumen gewagt

Sechs aus der Riege von Porsches Le Mans-Siegern kehrte kürzlich an den Circuit de la Sarthe zurück, um an der legendären Rennstrecke das 50. Jubiläum des ersten Triumpfs der Marke zu würdigen. Und Rémi Dargegen durfte bei diesem oktanhaltigen Spektakel dabei sein!

Der Ursprung dieses außerordentlichen viertägigen Fototermins mit Porsche in Le Mans lässt sich nach Stuttgart zurückverfolgen, wo mir das Porsche Museum im letzten Jahr die einmalige Chance bot, die größte Ansammlung von 917 – es waren genau 11 Exemplare – im historischen Werk 1 in Zuffenhausen zu fotografieren, um den 50. Geburtstag des legendären Rennwagen-Prototyps zu feiern.

Und gerade als ich mir dachte, dass man so einen Tag nicht toppen kann, gesellte sich der verstorbene Hans Mezger zu uns und wir überlegten, wie wir uns wohl zum 50. Jubiläum von Porsches ersten Sieg in Le Mans 2020 noch übertreffen könnten. Ich hatte immer davon geträumt, den in 1970 triumphierenden 917 auf der Strecke des französischen Klassikers an der Sarthe einzufangen, aber dann nahm meine Idee Fahrt auf und schnell waren noch mehr Rennwagen mit ihren furchtlosen Fahrern mit von der Partie. 

Jetzt blättern wir im Kalender nach vorn und es ist der August 2020: Ich erlebe den überwältigenden Anblick von sechs Porsche-Champions, die sich im frühmorgendlichen Licht unter der berühmten Dunlop-Brücke von Le Mans sonnen. Jeder dieser Rennwagen birgt eine bemerkenswerte Geschichte, die ihn mit einer bestimmten Epoche des Motorsports verknüpft. Nicht zu vergessen, die großen Piloten, die diese Rekorde für die Ewigkeit einfuhren.

In dieser exklusiven Flotte ist es der eben erwähnte 917 mit Chassis Nummer 023, seinerzeit mit Richard Attwood und Hans Herrmann vom Team Salzburg am Steuer, der sich als einziges Fahrzeug in Privatbesitz befindet. Dieser Porsche ist zugleich ein Mythos der Marke. Ihn hier auf diesem weltweit einmaligen Stück Asphalt fotografieren zu dürfen, wo Porsches Siegeszug seinen Anfang nahm, ist für mich ein überwältigendes Erlebnis. Untermalt vom infernalisch brüllenden Zwölfzylinder dieses bedrohlichen Biests.

Le Mans in 1971 war ein Rennen der Rekorde. Der weiße 917K in unserer Riege trägt die Chassisnummer 917-053 und war das letzte Coupé, das gebaut wurde und trug die Farben des mit dem Werk verbundenen Martini Racing Team. Die Fahrer Gijs van Lennep und Dr. Helmut Marko überwanden damit exakt 5.335,3 Kilometer im Lauf dieser 24 Stunden und erreichten eine Durchschnittsgeschwindigkeit von 222,3 Stundenkilometer. Mit diesem Wert setzte das Duo einen Rekord, der fast vier Jahrzehnte ungebrochen blieb. Umso erstaunlicher, wenn man weiß, dass dieses zwei Jahre zuvor vorgestellte Auto als fast unfahrbar galt.

Chassis 053 ist auch das einzige, noch bestehende Porsche 917-Coupé mit Rennerfahrung, das als spezielles Merkmal einen Rohrrahmen aus Magnesium besitzt – diese Legierung ist zwar sehr leicht, aber sie brennt schon bei sehr niedrigen Temperaturen und entfacht einen höllischen Brand, der sich kaum löschen lässt. Deswegen wurde auch dieser 917 nach seinem Triumph bei der sagenumwobenen Jungfernfahrt an der Sarthe von Porsche außer Dienst gestellt und der Motor nie wieder gezündet. Man hatte schlichtweg Sorge, dass das alternde und fragile Chassis zu gefährdet ist. 

Der von Jules gesponserte 936, der 1981 die Ziellinie von Le Mans passierte, war so grandios überlegen, dass die beiden Fahrer, die Herren Bell und Ickx, 14 Runden Vorsprung auf den zweitplatzierten Rondeau herausgefahren hatten. Ein ähnliches Spektakel bot der 962C in Rothmans-Farben: Derek Bell, Al Holbert und Hans-Joachim Stuck waren ihrer Konkurrenz um 20 Runden voraus, eine überragende Leistung, welche die Ingenieure mit dem Potenzial des Bodeneffekt ermöglicht hatten. Rauchen gilt zwar längst nicht mehr als salonfähig, aber diese Rothmans-Livree bleibt umwerfend schön, oder?

Zu diesem Klassentreffen gehört auch der Porsche, der meiner Meinung nach den meisten Sex-Appeal besitzt: der insektengleiche GT1 von 1998. Das Team Allan McNish, Laurent Aïllo und Stéphane Ortelli lieferten in diesem Jahr ein sehr diszipliniertes Rennen ab und profitierten von der Unzuverlässigkeit der schnelleren Mercedes, BMW und Toyota, um selbst noch beim Werks-Porsche die Nase vorn zu haben. Im folgenden Jahr verabschiedete sich die Marke vom bedeutendsten Rennen für Sport-Rennwagen und kehrte erst 2014 zurück, um sich der Herausforderung eines erneuten Sieges zu stellen.

Für die Marke, die sich längst einen Ehrenplatz in Le Mans erobert hatte, trat diesmal der 919 Hybrid an und lieferte prompt drei Siege in 2015, 2016 und 2017. Damit blickte Porsche auf eine atemberaubende Bilanz von 19 Triumphen. Für dieses Treffen der Superlative stand der Gewinner von 2017 bereit, damals gesteuert von Timo Bernhard, Brendon Hartley und Earl Bamber. Jetzt könnte man vielleicht annehmen, dass dieses von modernster Technologie angetriebene Raumschiff im Schatten seiner sagenumwobenen Stallgefährten verharren müsste. Aber zu den größten Überraschungen dieses wundervollen Tages gehörte, wie gut sich die Erscheinung des 919 gegen die hausgemachte Konkurrenz behauptete. 

Dass uns dieser Coup gelang – sechs Le Mans-Sieger von Porsche! -, noch dazu in einem von der Pandemie gezeichneten Jahr, geht allein auf das Konto des fantastischen Teams aus dem Porsche Museum. Ohne die weltweiten Corona-Beschränkungen hätte man sogar einige der Persönlichkeiten, die damals am Steuer saßen, zurück an die Stätte ihres größten Erfolgs einladen können. Es sollte nicht sein. Mit der engagierten Unterstützung der Museumsmannschaft an diesem Motosportgeschichte atmendem Ort diese außergewöhnliche Spezies auf ihrem ureigenen Terrain fotografieren zu dürfen, war für mich ein Traum, der endlich wahr werden durfte.

Man spürt förmlich die Leidenschaft, die sie antreibt. Diese Autos sind wirklich ihre Babys. Ich bin ihnen unendlich dankbar. So, welches Jubiläum steht jetzt als nächstes an und wie, bitte, übertrumpfen wir uns dann?

Text & Fotos: Rémi Dargegen für das Porsche Museum © 2020

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