Obwohl man aktuell durchaus eine Renaissance der limitierten Sondermodelle und One-Offs bei den Automobilmarken beobachten kann, ging die goldene Epoche der Karosseriebauer Ende der sechziger Jahre ihrem Ende entgegen. Wie schon Bob Dylan in seinem berühmten Lied feststellte, änderten sich die Zeiten: Kaum noch ein exzentrischer Aristokrat und ein schillernder Filmstar, die bei einem Hersteller ihres Vertrauens ein absolut einzigartiges Modell bestellten. Dazu kam, dass die Autobauer ihre ländlichen Manufakturen verließen, um moderne Fabriken zu errichten. Die Industrie richtete sich immer weniger nach den exklusiven Zirkeln aus, und das hatte wiederum zur Folge, dass die Firmen weder die technischen Anlagen noch das wirtschaftliche Interesse hatten, Spezialanfertigungen zu entwickeln.
Der letzte Exot, ein Viertürer
Vor diesem Hintergrund hätte man annehmen können, dass eines der letzten Autos nach Maß von Maserati zu einer geradezu aberwitzigen Skulptur auf Rädern geraten würde. Entweder mit einem exotischen Design, das alle Grenzen sprengt, oder mit kühner Formgebung und feinsten Details noch einmal die traditionsreiche aber aussterbende Kunst meisterlicher Handwerker vorführt. Doch das, was man auf dem Pariser Autosalon 1971 am Stand von Frua bewundern konnte und was von keinem Geringerem als dem großen Formel 1-Helden Juan Manuel Fangio präsentiert wurde, war – eine Limousine.
Ein Hingucker für den Aga Khan
Mit einer raumgreifenden Kombination aus scharf gezogenen Linien und einer riesigen Kabine, angetrieben von einem mächtigen 4,7-Liter-V8 unter der langen Motorhaube, war dieser Maserati Quattroporte aus der Feder von Pietro Frua natürlich kein konventioneller Viertürer. Er sollte das Interesse des anspruchvollsten Kundenkreises wecken. Als erstes Exemplar aus der Hand des großen Karosseriekünstlers wurde dieser Quattroporte anschließend im Vorfeld des Grand Prix 1972 in Monaco gezeigt und reiste außerdem zu den Automessen nach Paris, Genf und sogar noch zweimal nach Barcelona, wo er die Aufmerksamkeit des Aga Khan erregte. Und dieser bestellte daraufhin das einzig andere Exemplar des Maserati, das noch gebaut werden sollte.
Erweiterte Eleganz
Auf den von der Sonne verwöhnten Straßen Südfrankreichs erscheint diese von Frua geformte, heute vergessene Dreizack-Erscheinung in einem kuriosen, aber durchaus charmanten Licht. Die Heckpartie ist fast genauso lang wie die Front, dazu kommen ein Haifischbug und eine riesige Windschutzscheibe. Obwohl das Design irgendwie vertraut wirkt, ist es alles andere als konventionell. Es scheint, als hätte sich der Designer an das übliche Rezept für eine Limousine gehalten und dann das Gericht noch mit ein paar ausgewählten Zutaten gewürzt. Das Interieur ist so, wie man es sich nur wünschen kann: Wunderbar und geschmackssicher gestaltet, mit eleganten Instrumenten, die zugleich der italienischen Ästhetik und einer interessant Auffassung der Ergonomie Ausdruck verleihen, geradezu dekadent komfortablen Sitzen und einem großen Lenkrad aus Holz, das einer luxuriösen Landyacht würdig ist. Die Gerüchte, dass dieses Exemplar als Neuwagen an die spanische Königsfamilie, genauer an König Juan Carlos I. ausgeliefert wurde, lässt sich leider nicht offiziell bestätigen. Man kann sich aber keinen Passagier vorstellen, der so gut zu diesem majestätischen Automobil gepasst hätte – nun gut, bis auf den Aga Khan vielleicht.
Fotos: Rémi Dargegen für Classic Driver © 2017