Der Magier aus Molsheim
Im Sommer 2015 brachte dieser als Scheunenfund deklarierte Bugatti Type 13 „Brescia“ das Kunststück fertigt, bei der Pariser Auktion von Artcurial seinen oberen Schätzpreis glatt zu verdreifachen. Das wohl originalgetreueste unter weniger als zehn noch existierenden Modellen des Typs erzielte stolze 834.000 Euro inklusive Käuferaufgeld. Doch anstatt den kostbaren automobilen Schatz in eine gut klimatisierte Garage mit Parkettfußboden zu stellen und geduldig seine Wertsteigerung abzuwarten, nutzt sein neuer Besitzer das Auto nun tatsächlich auf täglicher Basis.
Vor dem Feind gut versteckt
Auch wenn es am letzten Wochenende in Chantilly in der Klasse der Bugatti Grand Prix-Rennwagen antrat, hat dieses spezielle Exemplar mit seinem kurzem Radstand von nur zwei Metern nie ein Rad auf einer Rennpiste gedreht. Als Fahrgestell wurde es 1925 oder 1926 an einen Pariser Händler geliefert und beim Karosseriebetrieb L. Maron-Pot et Cie aus Levallois-Perret eingekleidet. Der Bugatti Brescia blieb danach bis 1931 in der französischen Hauptstadt, ehe es ihn ins Burgund verschlug, wo er dann vor feindlichem Zugriff gut versteckt die Kriegsjahre überdauerte. In den frühen 1950er Jahre tauchte der Bugatti dann wieder auf, noch immer in Burgund und im Besitz einer Bugatti-begeisterten Familie. Nach einer Generalüberholung im Jahr 1966 verschwand das Auto dann plötzlich komplett von der Bildfläche. Danach dauerte es noch einmal 49 Jahre, bis das kleine, in der französischen Rennfarbe Blau lackierte Vollblut wieder zum Vorschein kam. Im Original-Zustand und noch absolut funktionsfähig.
Eine konservative Schätzung
Das Interesse an dem Scheunenfund war – wie zu erwarten – galaktisch. Schließlich kommt es nicht alle Tage vor, dass nochmals ein authentischer Bugatti Type 13 samt damals noch ziemlich seltenem Vierventil-Motor und Magnet-Doppelzündung zum Vorschein kommt. Artcurial setzte einen Schätzpreis von 150.000 bis 250.000 Euro an. Viel zu konservativ, wie sich zeigen sollte. Denn nach einem langwierigen Bieterwettstreit kam der kleine Bugatti wie schon erwähnt für 834.000 Euro unter den Hammer. Seit Übernahme des Autos hat der neuen Besitzer die nicht originalen (und auch nicht gerade hübschen) Kotflügel demontiert. Er ließ den Bugatti in der nach näherer Inspektion der Karosserie entdeckten Originalfarbe neu lackieren und bewegt den Type 13 nun so regelmäßig wie möglich. Der charmante kleine Wagen eroberte gleichermaßen die Herzen der Besucher der Chantilly Arts & Elegance und die der Jury, die ihm den zweiten Platz in seiner Klasse zusprach.
Nichts geht über Originalität
Der Bugatti Type 13 verdankt seinen Beinamen einem Vierfach-Sieg von Bugatti bei einem 1921 bei Brescia ausgetragenen Voiturette-Rennen. Die ab 1920 gebauten Type 13 ab Chassisnummer 900 zählten zu den ersten Autos mit Vierventilmotoren und machten die Marke durch ihre Siege in Le Mans im Jahr 1920 und eben in Brescia auch unter Privatrennfahrern populär. Der erstmals 1910 und da noch mit Zweiventil-Motoren bestückte Type 13 war zugleich das erste Fahrzeug, das den Namen Bugatti trug. „Der Type 13 ist natürlich nicht so imposant wie spätere Bugatti-Rennsportwagen, aber sicherlich einer, dem die meiste Zuneigung und Aufmerksamkeit zufliegt“, sagte uns sein Besitzer. „Für mich stachen beim Concours noch zwei weitere Modelle heraus: der komplett originalgetreue Bugatti Type 35 und der Type 59, obwohl mir letzterer im Vergleich zu "neu" war.“ Wie immer schlägt bei solchen Modellen die Originalität alle anderen Faktoren. Für den Besitzer hat sich die einmalige Gelegenheit, einen seit 1953 im Besitz derselben Familie befindlichen und absolut originalen Type 13 Brescia zu erstehen, schon jetzt als weise Entscheidung erwiesen.
Fotos: Rémi Dargegen für Classic Driver © 2016