Es war sein Großvater, der das Feuer entfachte. Unter acht oder neun Porsche besaß er einen hellgelben 911 RS mit Entenschwanzspoiler, von dem der junge Johan magisch angezogen wurde. Sobald er seinen Führerschein in der Tasche hatte, erlaubte der Patriarch seinem Enkel, das Steuer zu übernehmen und das Tempolimit zu ignorieren. Die Erfahrung hinterließ einen bleibenden Eindruck.
Johan kaufte seinen ersten Porsche, als er 18 Jahre alt war, einen 1970er 911 T. Er hatte zu diesem Zeitpunkt nicht genug Geld, um ihn zu restaurieren, deshalb wurde er einige Jahre später verkauft. Das Auto blieb aber in Antwerpen und damit in der Nähe von Johans Wohnort. Derzeit führt er Gespräche, um es zurückzukaufen. „Ich verhandle mit dem Sohn des Mannes, an den ich es 1978 verkauft habe", sagt der Sammler. „Ich war der zweite Besitzer des Autos und ich plane, auch der vierte zu sein.“
Es dauerte bis 1991, ehe Johan im Alter von 33 Jahren seinen zweiten 911 kaufte, einen brandneuen 964 RS. „Dass es ein RS war, war wichtig, nicht nur, weil ich ein schnelles Auto wollte, sondern weil es eine Verbindung zu meinem Großvater und meinen ersten Erfahrungen mit dem Autofahren herstellte. Und was sich daraus entwickelte, war eine Wertschätzung für Leichtbau. Früher sah ich es immer als Anachronismus, dass Porsche Dinge aus einem Auto nahm und den Kunden dafür noch mehr berechnete.“
Eigentlich wollte Johann schon immer den 2.7 RS, konnte ihn sich aber zu diesem Zeitpunkt nicht leisten. „Also habe ich den 964 RS gekauft und bin sehr froh, dass ich das getan habe. Er war immer noch ein RS, versprühte daher den gleichen Spirit eines leichten Rennwagens.“
Johan wollte unbedingt Rennen fahren, besonders seit er 1973 gesehen hatte, wie ein Carrera RSR 2.8 in Daytona und Sebring gewonnen hatte. Doch sein Vater war nicht einverstanden. Erst als Dirickx senior vorzeitig in den Ruhestand ging und das Familienunternehmen seinem übergab, brauchte der neue Chef keine Erlaubnis mehr. „Ich bin ins Geschäft gegangen, habe es zu etwas zwanzigmal so Großem ausgebaut und konnte mir dann die Autos leisten, die ich in meiner Jugend vielleicht hätte fahren können, als sie neu waren“, sagt er.
Heutzutage ist er sehr aktiv in der historischen Rennszene. „Ich liebe es, die Atmosphäre ist großartig. Ich habe die 24 Stunden von Daytona zweimal, Sebring einmal, Monterey Historics jedes Jahr und Le Mans Classic absolviert. Ich starte mit meinem 934 in Le Mans, weil er dort 1976 tatsächlich gefahren ist. Mein Ziel ist es, im selben Jahr in Daytona, Sebring und Le Mans zu fahren. Ich liebe all diese berühmten Langstreckenkurse. Ich könnte meinen 993 RSR zu den US-Rennen melden, weil er momentan ohnehin dort drüben stationiert ist."
Das mit Blick auf die Lackierung vielleicht auffälligste Auto in Johans Sammlung ist der Porsche, mit dem er in den 2,0-Liter-Cup-Rennen für SWB 911er vor 1966 antritt. Er trägt die Startnummer 69 und ist in eine amerikanische Pop-Art-Blondine, die eine Covid-Maske trägt, eingehüllt. Dazu mit einer Sprechblase, die einen Dank an die Streckenposten richtet. Das Ganze wurde von einem befreundeten Künstler aus Antwerpen gemalt, inspiriert von Roy Lichtenstein und den BMW Kunstautos.
Dirickx Sammlung ist ein Traum für Porsche-Puristen und konzentriert sich hauptsächlich auf superlimitierte, ultraleichte Editionen. „Es entbehrt nicht der Ironie, dass ich so besessen von Leichtbaumodellen bin", sagt Dirickx, der sowohl in seiner Persönlichkeit als auch sonst „groß“ ist und denkt. „Der Grund ist ziemlich einfach: Diese Autos beschleunigen halt besser und liegen auch satter auf der Straße. Je leichter, desto besser fahren sie.“
Der 964 RS-Serienwagen von 1991 befindet sich noch immer in Johans Sammlung. Er hat ihn jetzt 43.000 km gefahren und will ihn nicht mehr abgeben. „1991, dachte ich noch, dass dies mein einziger Porsche bleiben würde.“ Doch dabei blieb es nicht, wie wir jetzt sehen...
„Ich habe in den letzten 30 Jahren weit über hundert Porsche besessen. Ich habe aktuell 55 Autos, davon sind 48 Porsche. Die Zahlen sind jedoch nicht wichtig, es geht vielmehr um die Einzigartigkeit der Autos. Ich hatte eines Tages die Idee, alle luftgekühlten RS zu sammeln. Dann wollte ich alle luftgekühlten RSR. Abgesehen vom IROC RSR von 1974 habe ich sie alle. Mein SC/RS ist ziemlich schwer zu finden [es wurden nur 21 gebaut]. Ich habe auch einen Carrera 3.2 Club Sport von 1989, der einem RS so nahe kommt wie irgend möglich.“
Was ist mit den wassergekühlten Porsche post-993? Sind sie ein No-go? „Ich habe den ersten wassergekühlten RS gekauft, den 996 GT3 RS, und dachte, das wäre mein erster und einziger wassergekühlter 911. Ich musste es tun, es fühlte sich obligatorisch an. Und es ist ein sehr unterschätztes Auto. Und dann habe ich unweigerlich das nachfolgende Modell gekauft, den 997 GT3 RS 4.0 und dann den danach und den danach...“ Ein klarer Fall von Sucht. „Ich bevorzuge ganz klar die Luftgekühlten. Ich mag Autos ohne Hilfsmittel; schwer fahrbare Fahrerautos. Ich mag meine 911er roh.“
Das puristischste Auto ist wohl der auf 800 Kilo abgespeckte 911 R von 1967, von dem nur 20 gebaut wurden. „Das ist der heilige Gral der 911er“, schwärmt Dirickx. Er war in der Tat der Vorläufer aller nachfolgenden RS- und RSR-Modelle. Johan gelangte an sein Exemplar im Jahr 2007, als nur Eingeweihte davon wussten. „Ich wollte immer einen und dachte, er wäre nicht zu kriegen. Dieses Auto war in Japan und dann in Kalifornien. Der Besitzer bestand darauf, dass es nicht zum Verkauf stand, aber ich machte ein Angebot am Telefon, während ich eine Flasche Wein öffnete. Als wir die ausgetrunken hatten, rief er mich zurück und sagte: „Legen Sie Sie 5.000 Dollar drauf und das Auto gehört Ihnen.“ Worauf Dirickx eine weitere Flasche entkorkte!
„Die Leute sagten, ich sei verrückt gewesen, den zehnfachen Wert eines 911 S zu zahlen, aber ich wusste, dass der R ein besonderes Auto ist. Ich denke, mittlerweile haben sie es verstanden. Die Leute gehen daran vorbei und denken sich, ist nur ein weiterer 911. Nun, man kann aus einem Dino keinen Daytona machen, aber aus einem 67er S einen R. Porsche entwickelt seine Autos wie kein anderer Hersteller weiter.”
Jeder Porsche, den Johan besitzt, wurde auch auf der Rennstrecke bewegt, im Drift und zur Höchstgeschwindigkeit getrieben. „Sie sind alle herausragend, jedes Auto in meiner Sammlung. Sogar die etwas normaleren. Jeder wurde aus einem bestimmten Grund gekauft und ist Teil einer limitierten Serie oder ein Einzelstück.“ Besonders auffällig ist das Tributauto 935/78 aus dem Jahr 2019 mit seinem 691 PS starken GT2 RS-Antrieb und seiner postmodernen Karosserie.
Johan besaß sogar eine Reihe von Porsche, die keine Porsche sind. „Ich hatte den Volkswagen B32, ein Porsche-angetriebener VW-Camping-Van, der Mitte der 80er Jahre als Begleitfahrzeug für die Paris-Dakar gebaut wurde.“ Nur 15 wurden gebaut. „Ich hatte auch den Audi RS 2 Avant, der von Porsche entwickelt wurde, und ebenso den bei Porsche sogar gebauten Mercedes E500. Ich habe auch das 911 SC/RS-Auto mit „Bastos“-Sponsoring gekauft und dachte, es wäre schön, auch den originalen Ford Granada-Servicewagen dazu zu haben. Damit ich die Szene so nachstellen könnte, wie sie bei den Rallyes der Saison 1984 zu sehen war.“
Was ist mit Nicht-911-Porsche? „Ich pflege eine Hassliebe zum 356 und zögere, ob ich einen kaufen soll. Ich überlege mir einen mit dem gleichen Baujahr wie mein Geburtsjahr zu erwerben, ein Cabrio D. Es sind gute Autos, aber keine exquisiten Rennwagen. Sie haben nicht die Power und das Handling eines 911."
Die Sammlung befindet sich in einem nicht näher beschreibbaren Gebäude südlich von Antwerpen. Um Johans eigene Autos zu warten und sie zu genießen, ist daraus ein kleines Unternehmen namens 911 Motorsport Belgium gewachsen. Neben Wartung und Instandhaltung bietet sein Team für alle Luftgekühlten Motorüberholungen, vollständige Restaurierungen, Vorbereitung für Renneinsätze und Unterstellmöglichkeiten an. Zweimal im Jahr werden Streckentage auf dem Circuit Abbeville in Nordfrankreich organisiert; daneben betreiben sie eine Driftschule mit einem speziell vorbereiteten 944 und 944 Turbo.
911 Motorsport Belgium bietet auch Porsche Sammlerstücke und gelegentlich Autos zum Verkauf an. Johan verkaufte kürzlich einen in Weissach entwickelten Cayenne TransSyberia, einer von 26, die 2007 an dieser Rallye-Raid teilnahmen. „Ich bin ein Sammler, kein Händler oder Verkäufer. Wenn ich etwas verkauft habe, dann, um davon etwas anderes zu erstehen“, beschreibt Dirickx sein Geschäftsprinzip.
Was steht als nächstes auf der Einkaufsliste, Johan? „Ich hätte natürlich gerne einen 74er IROC. Und einen 1976er 935 Single-Turbo der ersten Generation und einen K3. Oh, und einen 993 GT2 in Straßen- und Rennversion. Wenn Du nichts hast, wofür es sich zu leben lohnt, könntest du genauso gut tot sein. "
Fotos: Sian Loyson für Classic Driver © 2021