Technologische Speerspitze seiner Zeit
Kenner wissen: Der sensationelle Vorkriegs-Alfa Romeo 8C 2900B steht dank seiner ultramodernen Konstruktion, der betörenden Schönheit seiner Coupé-und Spider-Karosserien und einer illustren Rennhistorie einem Bugatti Atlantique in nichts nach. Sein Chassis mit langem Radstand („Lungo“) wurde von der Carrozzeria Touring mit damals revolutionär neuer Superleggera Technik chic und leicht eingekleidet. Auch die von der Stabilimenti Farina gezeichneten Modelle gehören zu den sinnlichsten und bestens proportionierten Formen der Automobilgeschichte. Dazu kam dann noch dieses Gedicht von Motor - der von Vittorio Jano konstruierte Reihenachtzylinder mit 2,9 Litern Hubraum, von zwei Roots-Kompressoren zwangsbeatmet und bei großen Rennen wie Le Mans und der Mille Miglia bewährt. Der „2.9“ war ohne Zweifel das fortschrittlichste und begehrenswerteste Auto seiner Zeit. Müßig festzustellen, dass diese Begehrlichkeit über die Jahrzehnte nochmal stark zugenommen hat, sodass RM Sotheby’s in diesem Sommer in Monterey durchaus einen neuen Rekord für Vorkriegsmodelle aufstellen könnte.
Die Geschichte zweier Hälften
Dieses spezielle Exemplar stammt aus der angesehenen Sam & Emily Mann Collection, in der es seit den frühen 1990er Jahre residierte und seitdem 19.000 Kilometer abgespult hat. Die bekannte Geschichte begann 1949, als der Alfa von einem Amateurrennfahrer nach Brasilien verschifft wurde. Wie es für Rennwagen nicht unüblich war, wurde die Touring-Karosserie vom Chassis getrennt und letzteres dann so modifiziert, dass ein bizarr anmutender Chevrolet V8 unter der Haube Platz fand. Erst 1993 nach vielen Halterwechseln wurden Chassis und Oberbau wieder vereint, das Auto also wieder original zusammengesetzt. Sam Mann nutzte die „Hochzeit“, um das Auto beim anerkannten englischen Alfa-Kenner Tony Merrick komplett restaurieren zu lassen. Das Resultat ist mehr als nur überzeugend, zumal er den 8C 2900 B in einem tiefen Schwarz lackieren ließ – die perfekte Farbe, um diese schwungvollen Kurven zur Geltung zu bringen. Von 32 hergestellten Chassis sollen angeblich noch zwölf Touring Spider überlebt haben. Der renommierte Markenhistoriker Simon Moore nannte diese Göttinnen des Auto-Designs einmal „die Unsterblichen“. Wir finden, dass er damit nicht übertrieben hat. Sollten Sie daher mit diesem Black Beauty bei einem der kommenden Concours zu höchsten Ehren kommen, dürfte auch Ihr Name in die Automobilgeschichte eingehen.
Fotos: Darin Schnabel, mit freundlicher Genehmigung von RM Sotheby's © 2016