Kremer Look
Wenn der günstigste Wagen auf dieser Liste mit einem Schätzpreis zwischen 800.000 und 1.000.000 Dollar an den Start geht, kann man davon ausgehen, dass Gooding & Company’s Amelia Island 2022 Auktion weitere Hochkaräter mit hohem Begehrlichkeitsfaktor auf seinem Stand auffahren wird. Als einer von nur 54 gebauten Modellen diente dieser Carrera 3.0 RSR von 1974 anfangs Conte Girolamo Capra, einem Grafen und Rechtsanwalt aus Vicenza (Italien), als bevorzugtes Renngerät. Damit bewies Capra große Fachkenntnis, war doch sein damals komplett gelb lackierter 3.0 RSR bei einem Gewicht von 950 Kilo und mit gesunden 330 Pferden eine kleine Rakete. Dieser zu jenem Zeitpunkt in viele Einzelteile zerlegte RSR wurde 2006 restauriert. Während der Arbeiten durchgeführte Recherchen ergaben, dass es sich tatsächlich um den Girolamo Capra RSR mit Chassisnummer 911-460 9110 handelte. Dessen ungeachtet erstrahlt das Auto nun im Look des in den Jahren 1974 und 1975 von Josef Brambring pilotierten Kremer-RSR. Was ihm zweifellos weitaus besser zu Gesicht steht als die Original-Optik.
Das Brumos Biest
Unter Leitung von Wolfgang Berger und Norbert Singer mauserte sich der Serien-930 Turbo zum von der FIA in die Gruppe 4 homologierten Porsche 934. Schon das Straßenauto erntete den zweifelhaften Ruf eines „Widowmakers“, und daher verwunderte es nicht, dass die bärenstarke, aber mit schmalen Reifen besohlte Rennversion den Piloten alles abverlangte, aber in kundiger Hand der Konkurrenz das Fürchten lehrte. Auf der Habenseite standen denn auch neben dem Sieg in der Europa-GT-Meisterschaft von 1976 zwei SCCA TransAm-Titel in den Jahren 1976 und 1977. Dieser 1977 aufgebaute Wagen mit Chassisnummer 930 770 0951 ist der erste von zehn im Werk für Kunden produzierte 934/5 - eine vor allem dank des deutlich größeren Heckspoilers nun noch siegträchtigere Evolution des Ursprungsmodells. Zusammen mit dem am 935 angelehnten Flügel und breiteren Reifen wurde das Auto an das legendäre Brumos Team von Peter Gregg geliefert, gerade noch rechtzeitig, um damit 1977 mit Startnummer 61 zum 12-Stunden-Rennen von Sebring antreten zu können. Das brandneue Auto traf so spät ein, dass nur noch Zeit blieb, die komplett weiße Fronthaube gegen ein in den ikonischen Brumos-Farben Rot und Blau lackiertes Teil zu wechseln. Aus der Pole-position gestartete, reichte es für Gregg und seinen Partner Jim Busby im Rennen dann zu Platz drei, hinter zwei Carrera RSR. Mit einem Schätzpreis zwischen 1,0 und 1,3 Millionen Dollar sicherlich eine der faszinierendsten Möglichkeiten, einen siebenstelligen Betrag auszugeben.
IROC-Renner
Als Roger Penske das erstmals 1973 ausgeschriebene International Race of Champions ins Leben rief, beriet er sich mit seinem Stammpiloten Mark Donohue über die Frage, welches Auto für diesen Markenpokal mit den besten Fahrern aus der Formel 1 und dem US-Rennsport ausgewählt werden sollte. Wenn Penske ein Gleichgewicht zwischen Geschwindigkeit und Zuverlässigkeit schaffen wolle, so Donohue, käme nur ein Porsche infrage. Und so entstanden in Stuttgart 15 farbenfrohe 911 Carrera RSR für die IROC-Serie, darunter dieser RSR in der Farbe Guards Red. Obwohl er nie auf dem Podium landete, ist dieser unter anderem von der US-Rennlegende A. J. Foyt pilotierte RSR einer der wenigen, der an allen vier IROC-Läufen teilgenommen hat. Der Preis für diese rote Rakete wird auf 1,1 - 1,3 Millionen Dollar geschätzt, eine stolze Summe, aber dieser Porsche hat sicherlich das Aussehen und die Geschichte, um diese Investition zu rechtfertigen.
Blaues Wunder
Während das Gros der Kunden-935er von Porsche mit einer schlichten weißen Karosserie ausgeliefert wurde, wurde dieser Porsche 935 aus dem Jahr 1979 von einem Mr. Otis Chandler in Vintage Racing Blue bestellt. Um so zu seinem 917/30 im Sunoco-Look zu passen und damit die vielleicht coolste Doppelgarage aller Zeiten zu schaffen. Dieser 935 nahm nur an einem einzigen Wettbewerb teil, dem ersten Los Angeles Times Grand Prix of Endurance, auch bekannt als 6 h von Riverside, im Jahr 1979. Der von Chandler und John Thomas pilotierte 935, der das hier abgebildete San-Miguel-Bier-Sponsoring trug, schaffte es bis auf den dritten Platz, bevor ein Motorschaden zur vorzeitigen Aufgabe zwang. Daraufhin ließ Chandler den Wagen mit einem zuverlässigeren 3-Liter-Twin-Turbo-Motor von ANDIAL ausstatten, eine damals übliche Nachrüstung, und tauchte damit in den 1980er Jahren gelegentlich bei POC- und PCA-Veranstaltungen auf. Immer noch mit dem 3-Liter-Motor von ANDIAL ausgestattet, bleibt dieser 935 ein fantastischer Anblick und rechtfertigt mit Leichtigkeit die Schätzung von 1,5 - 1,8 Millionen Dollar.
Die finale Evolution
Neben speziellen Versionen für das Martini-Werksteam - wie den „Moby Dick“ und das „Baby“ - baute Porsche zwischen 1977 und 1979 auch 37 Exemplare dieser hochentwickelten Gruppe-5-Rennwagen an seine Kunden. Dieser 935 ist das vorletzte Kundenmodell und wurde von Porsche neu an Volkswagen of America verkauft, ging dann für Forschungs- und Entwicklungsarbeiten zurück nach Weissach, ehe ihn Porsche Mitte 1979 an den bekannten Porsche-Händler und Rennstallbesitzer Vasek Polak weiterverkaufte. Polak setzte den Wagen unter der Bewerbung des Interscope Racing Teams von Ted Field bei den 24 Stunden von Le Mans von 1979 ein. Während der Kremer-935 K3 mit Klaus Ludwig und den Whittington-Brüdern gewann, schied das Fahrer-Trio des schwarzen 935ers nach 154 Runden mit Motorproblemen aus. Nach dem einzigen internationalen Einsatz des 935-0031 ging er durch verschiedene Sammlungen, bevor er 2004 von Lloyd Hawkins gekauft wurde, der ihn von seinen hauseigenen Experten für den Einsatz bei Classic Car Events optimieren ließ. Die späte Platzierung dieses Wagens in der Produktionsserie bedeutet, dass er von der fortschrittlichsten Technologie profitiert hat, mit der je ein 935 ausgestattet wurde. Nach 18 Jahren in anspruchsvollem und liebevollem Besitz ist dies sicherlich einer der am besten erhaltenen 935er auf dem Markt. Der Schätzpreis liegt zwischen 1,7 und 2,0 Millionen Dollar, wobei es uns nicht überraschen würde, wenn diese schwarze Schönheit weit mehr einbringt.