Und wenn Sie genau wissen wollen, wie er aussah, werfen Sie einen Blick auf unsere Bilder des tadellosen Exemplars, das derzeit beim Schweizer Händler Andreas Wüest angeboten wird. Es hat gerade einmal 1.900 Kilometer zurückgelegt und gilt weithin als der beste und originellste RS200 mit Straßenzulassung, den es gibt.
Wir gäben eine Menge, um für eine Zeitreise in die Achtzigerjahre an Doc Browns DeLorean aus „Zurück in die Zukunft“ zu kommen. Und uns damit in eine Zeit zu beamen, in der Ford einen Teil der Entwicklungskosten für den RS200 in Höhe von zehn Millionen Pfund mit Hilfe einer zum Stückpreis von £50.000 angebotenen Straßenversion refinanzieren wollte. Die wenigen Käufer, die das Angebot annahmen, bekamen für ihr Geld ein speziell gebautes Rallyeauto mit einem quer installierten 1,8-Liter-Ford-Cosworth-BDT-Motor mit Turboaufladung und 250 PS, einem vorn liegenden Getriebe, wahlweise Zwei- oder Vierradantrieb und einer von Ghia entworfenen und von Reliant gebauten Glasfaserkarosserie.
Im Innenraum sollten eine dünne Teppichschicht, elastische Türtaschen und ein dezidiert „zeitgemäßes“ Armaturenbrett für einen zivilisierten Eindruck sorgen – doch bei den wenigen 4x4-Exemplaren (wie dem bei Wuest zum Verkauf stehenden) verriet ein auffälliger, an der Spitze rote Hebel, der neben dem Sierra-Schalthebel hervorlugte, sofort die Wahrheit: Dieses Auto war nicht fürs Shopping gemacht. Der besagte Hebel bediente das Verteilergetriebe, mit dem sich zwischen Zwei- und Allradabtrieb hin und her schalten ließ. Je nachdem, ob man ihn über die glitschige Oberfläche eines Waldweges oder ein Stück trockenen Asphalts scheuchte.
Rally-Fans müssen wohl nicht daran erinnert werden, dass der RS200 aus dem gescheiterten Projekt von Ford hervorging, mit einer stark aufgemotzten Version des letzten Escort, dem Mk III, in die Gruppe B einzusteigen. Als sich jedoch herausstellte, dass der RS 1700 T, weil nur mit Heckantrieb ausgestattet, ein Flop zu werden drohte, nutzte das Entwicklungsteam die Lektionen, die es gelernt hatte, um eine von Grund auf neu konstruierte Rallye-Waffe zu schmieden. Doch kaum hatte Ford 1986 die 444 PS starke Wettbewerbsversion des RS200 einsatzbereit gemacht, war sie auch schon wieder veraltet. Nachdem Kalle Grundel beim schwedischen WM-Lauf im Februar den dritten Platz belegt hatte (es blieb die einzige Podiumsplatzierung des Autos), rutschte der RS200 von Joaquim Santos bei der Rallye Portugal drei Wochen später von der Straße und fuhr in die Zuschauermenge, wobei vier Zuschauer ums Leben kamen und 30 verletzt wurden.
Diese Tragödie und der tödliche Unfall von Henri Toivonen und Sergio Cresto, deren Lancia Delta S4 bei der Tour de Corse im Mai in eine Schlucht stürzte und komplett ausbrannte, waren ausschlaggebend für die Entscheidung der FIA, die Gruppe B abzuschaffen. Weil die Autos schlichtweg zu stark, zu schnell und zu gefährlich geworden waren. Zu diesem Zeitpunkt hatte Ford mit Blick auf die folgende Saison schon eine „Evolutions“-Variante des RS200 mit einem Motor entwickelt, der bis zu 800 PS oder mehr leisten konnte. Einige der 24 gebauten Exemplare nahmen schließlich an der Rallycross-Europameisterschaft teil (Martin Schanche gewann 1991 den Titel in einem dieser RS200), aber die große Mehrheit der RS200 machten die für die Straße bestimmten Homologationsfahrzeuge mit 250 PS aus.
Laut dem Modellspezialisten Justin Smith wurden wohl nur 148 wirklich komplette RS200-Straßenfahrzeuge gebaut – und nicht die von der FIA offiziell geforderten 200 (die Zahl, die dem „RS200“ seinen Namen gab). Von den noch existierenden Autos ist wohl kaum eines auch nur annähernd so gut erhaltene wie das bei Wüest angebotene Exemplar. Es ist sogar so vollständig und original, dass das umfangreiche historische Dossier, das ihm beiliegt, alles enthält: von der Kaufrechnung aus dem Jahr 1988 über die Verkaufsbroschüre und die Betriebsanleitung bis hin zu der äußerst seltenen Pressemappe, in der die Einführung des Modells angekündigt wird.
Obwohl der Wagen 1986 gebaut wurde, setzte ihn Ford zwei Jahre lang für Werbezwecke ein, bevor er an seinen ersten privaten Besitzer, einen Amerikaner, für – Achtung – 30.000 Pfund verkauft wurde. Anschließend ging er nach Neuseeland, wo er während der nächsten zwei Jahrzehnte kaum mehr als 800 Kilometer gefahren wurde, ehe er beim australischen Spezialisten Dutton Motorsport einer kompletten Generalüberholung unterzogen wurde. Das Ergebnis soll eine Rechnung über denselben Betrag gewesen sein, den das Auto ursprünglich gekostet hatte.
„Wir glauben wirklich, dass dies der beste und originellste RS200 ist, den es gibt“, sagt Wüest. „Er hat eine unglaublich niedrige Laufleistung, und wenn er bewegt wurde, dann eindeutig mit Sorgfalt. Und er hat sicherlich nie das Gelände gesehen, für das der RS200 ursprünglich konzipiert worden war. Er ist ein wahrer Zeitsprung in die 80er Jahre und eine bemerkenswerte Erinnerung an eine der verrücktesten Epochen des Motorsports“, sagt er abschließend. Die Frage ist, ob der nächste Besitzer in der Lage sein wird, ihn so zu fahren, wie Ford Motorsport es ursprünglich vorgesehen hatte? Ich bin sicher, wir könnten es nicht. Und das Einzige, was Wüest daran gehindert hat, es selbst mal auszuprobieren, ist die Tatsache, dass er zu groß ist, um einzusteigen...
Fotos: Rémi Dargegen © 2021