PS-Zauberer aus Liechtenstein
Max Heidegger kennt das eine oder andere Geheimnis eines BMW. Der BMW-Händler und -Motorentuner aus Liechtenstein verhalf dank seiner PS-Zauberkunst nicht nur einem gewissen Stefan Bellof 1982 zu Siegen in der Formel 2, sondern schon in den 70er Jahren auch Piloten des BMW 2002 zu zahlreichen Erfolgen in nationalen Bergrennen. 1975 gewann in Le Mans ein 2002 mit Heidegger-Power sogar die Tourenwagenklasse.
Als bei Heidegger die Anfrage eines Schweizer Kunden nach einer für die Straße zugelassenen Gruppe 2-Version des berühmten 3.0 CSL einging, wusste der alte Tuning-Fuchs ebenfalls ganz genau, was zu tun war. Dabei war es schwer genug, ein geeignetes Spendermodell zu finden, waren doch die in die Schweiz und nach Großbritannien verkauften Serienmodelle und – erst recht – die Rennversionen schwerer als jene für Deutschland. Daher blieb Schweizer Interessenten für eine Leicht-Version nur der Weg, ein Auto in Deutschland aufzutreiben. Möglichst nahe der Grenze, um es dann schnell zu Heidegger zu bringen – wo dann der Umbau begann.
Das Warten lohnte sich
Laurent Auxietre vom Classic Driver Händler FA Automobile wird den hier präsentierten CSL nächste Woche zusammen mit einem weiteren und ebenfalls sehr speziellen BMW auf der Rétromobile in Paris präsentieren. „Von drei Coupés, die in dieser Zeit aufgekauft und getunt wurden, trägt nur dieses die nach Heideggers Vorgaben gestalteten muskulösen Radkästen“, weiß Auxiertre. Zu den weiteren Modifikationen gehörten eine neue Bugschürze, ein kürzeres Differential, zahlreiche Motor-Upgrades, ein Überrollkäfig und eine konsequente Gewichtsdiät. Die Farbe „Inka Orange“ kam zum Einsatz, noch ehe Jägermeister damit die Motorsportwelt rockte.
320 PS für unter 1.000 Kilo
Das Trockengewicht von unter 1.000 Kilo und rund 320 PS aus dem 3,0-Liter-Reihensechszylinder sorgten für eine brachiale Performance. Doch da der Wagen bis auf den Einsatz bei einigen Bergrennen primär für die Straße gedacht war, behielt er auch alle notwendigen Komfortfeatures. So schien Heidegger seiner Zeit weit voraus, indem er die heute so beliebte Produktion von abgestrippten Sonderserien exklusiver Sportwagen vorwehnahm. „Für mich markiert dieses Auto einen Höhepunkt in der Geschichte der E9-Generation“, sagt Auxietre. „Es ist schnell, sehr schnell – und als authentisches Heidegger-Modell mit matching numbers ein wunderschöner originaler CSL, der jede BMW Sammlung bereichert. Er ist auch startberechtigt für die Tour Auto.“
Kommen wir zum zweiten BMW – „einem der originalgetreuesten M1, die ich je gesehen habe“, schwärmt Auxierte. „Das von Heidegger ausgelieferte Auto hatte erst zwei Besitzer und sieht aus, als hätte es gerade erst das Werk verlassen. Es hat noch ein Heidegger-Emblem am Heck, die Original-Bodenmatten und jedes einzelne Zulassungs- und Service-Dokument.“
Das Generationenspiel
Sollten Sie sich in den letzten zwölf Monaten nicht gerade unter der Ölwanne eines 60er-Jahre Ferrari versteckt haben, werden Sie wissen, dass die Zeit für Supersportwagen aus den frühen 80ern gekommen ist. „Jeder Szenekenner wird bestätigen, dass gerade ein Generationswechsel im Gange ist“, bemerkt Auxietre. „Jüngere Kunden interessieren sich für Autos, die in ihrer Teenagerzeit als Poster an der Wand hingen. Und weniger für die Autos ihrer Großväter.“
Hat die Kombination aus einem meisterlichen Giugiaro-Design und motorsporterprobter bayerischer Motorentechnik das Potenzial, im Wert zuzulegen? Immerhin ist ein M1 seltener als zum Beispiel ein Lancia Stratos. Auxietre ist fest davon überzeugt: „Der M1 ist absolut unterbewertet. Okay, ein Ferrari F40 und ein Porsche 959 sind außer Reichweite, doch als BMWs erster Supersportwagen ist der M1 genauso begehrenswert.“
Bayerische Blutlinie
BMW mögen nicht im Zentrum der Sammleraktivitäten stehen, doch ist die Motorsport-DNA bei diesen beiden Modellen unübersehbar. So repräsentieren die bayerische Blutlinie in ihrer puristischsten Form. Wir wissen nicht, wie es Ihnen geht, doch beim Begriff BMW Motorsport denken wir nicht an den futuristischen i8 oder einen kultigen M3, sondern an einen über die Sprungkuppen des Nürburgrings fliegenden 3.0 CSL oder eine M1-Procar-Horde, die durch Monaco heult – mit den Namen damaliger Formel 1-Fahrer auf der Windschutzscheibe. Wunderbar!
Fotos: Rémi Dargegen für Classic Driver © 2017