Der unangefochtene Kaiser der wilden Tuningszene der 1980er Jahre war Willy König.
Jede Generation erhält die Sportwagen, die sie verdient. Und die deutsche Kundschaft der 1980er Jahre mochte es eben etwas ausgefallener, exaltierter und – zumindest aus heutiger Sicht – immer mit ausreichendem Sicherheitsabstand zu den Außengrenzen des guten Geschmacks. Alles war erlaubt und so wurde getunt und bespoilert, was das Zeug hielt. Der unangefochtene Kaiser der wilden Tuningszene der 1980er Jahre war Willy König. Schon 1961 hatte er von Graf Berghe von Trips einen Cooper-Rennwagen erworben und in den Jahrzehnten darauf eine beeindruckende Karriere im Motorsport hingelegt. Er pilotierte Ferrari 275 GTB, Ford GT 40, BMW M1 und Porsche 962 – doch seine Freude an der Geschwindigkeit endete nicht auf der Rennstrecke: Sein Traum war es, die ultimativen Straßensportwagen zu entwickeln.
Ein Poster-Car im F40-Look mit 1.000 PS
Design, Aerodynamik, Ausstattung, Motor und Fahrwerk – nichts war vor Walter Königs „Veredelungen“ sicher. 1974 erwarb und verbesserte er einen Ferrari 365 GT4 BB. Darauf folgten unzählige weitere Ferrari, aber auch Mercedes-Benz, Porsche, Lamborghini und Jaguar, die – mit brachialen Turbomotoren bestückt, mit gewaltigen Spoilern verbreitert und von tiefen Lüftungsschächten durchzogen – sofort zum „Top Ass“ in jedem Sportwagen-Quartett gewählt wurden. Die erfolgreichste und bekannteste Kreation von Koenig Specials war jedoch der Koenig Competition: Auf Basis des Ferrari Testarossa hatten die Ingenieure ein testosteronhaltiges Poster-Car entwickelt, das mit seinen mächtigen Spoilern und den Klarglas-Scheinwerfern an den Ferrari F40 erinnerte und dessen Biturbo-V12 in einer späteren Evolutionsstufe bis zu 1.000 PS leisten sollte. Der Kaufpreis lag bei einer Million D-Mark.
Wie auch die berühmt-berüchtigten Mercedes-Benz SEC und Porsche 928 aus der Koenig-Werkstatt, die übrigens alle die typischen Testarossa-Seitenkiemen als Erkennungsmerkmal trugen, machte der Ferrari Testarossa Koenig Competition schnell Karriere in halbseidenen Gefielden: Wer auf der Frankfurter Kaiserstraße oder der Großen Freiheit in Hamburg mit einem Koenig-Ferrari zum Geldeinsammeln vorfuhr, konnte sich zurecht als „König vom Kiez“ fühlen. In den 1990er Jahren verblasste die Tuning-Welle jedoch langsam, Hausschmieden wie Mercedes-AMG und BMW M dominierten den Markt, und die Koenig Specials verschwanden – nicht selten spurlos.
Einzug in die feine Klassiker-Gesellschaft
Umso erstaunlicher ist es, dass die brachialen Tuning-Ungeheuer der 1980er Jahre nun von ernsthaften Sammlern wiederentdeckt werden. Einen echten und gut erhaltenen Ruf-Porsche, Alpina-BMW oder eben Koenig-Ferrari zu finden, ist nicht leicht – und so steigen die Preise rasant: Das Pariser Auktionshaus Artcurial bringt bei einer Auktion im Rahmen der Le Mans Classic am 5. Juli 2014 einen von 12 gebauten Ferrari Testarossa Koenig Competition Evolution II von 1987 mit gerade einmal 46.000 gelaufenen Kilometern unter den Hammer. Der Schätzpreis liegt bei 80.000 bis 120.000 Euro – fast das Doppelte dessen, was man für einen „normalen“ Ferrari Testarossa hinlegen muss. Der Wagen erstrahlt nicht nur außen, sondern auch innen im Farbton „Rosso Corsa“ und wurde in den 1990er Jahren erneut modifiziert, um dem damals beliebten Ferrari 512 M ähnlicher zu sehen. Wir sind gespannt, was der Koenig Competition einbringt – und welche Kiez-Karossen als nächstes Einzug in die feine Klassiker-Gesellschaft halten werden.