Unter der Woche dreht sich bei James Cottingham alles um den An- und Verkauf exklusiver Automobile in seinem Familienunternehmen DK Engineering. Doch an mehreren Wochenenden im Jahr tauscht er seinen Chefsessel gegen einen Schalensitz und das Büro gegen die Rennstrecke. Seinen Auftakt für die neue Saison war in diesem Jahr das 73. Goodwood Members‘ Meeting, das er mit einem Shelby Daytona Cobra Coupé von 1968 bestritt. Wir sind ihm dabei nicht von der Seite gewichen.
Das Auto
„Ein Shelby Daytona Coupé ist aberwitzig selten, denn nur sechs Stück wurden ursprünglich gebaut. Heute sind sie umgerechnet mehrere Zehnmillionen Euro wert“, erzählt James. „Unser Exemplar ist eine zu 99 Prozent perfekte Kopie – inklusive Original-Spezifikation und Appendix-K-Papieren der FIA. Um zu vermeiden, dass man uns eine Vorspiegelung falscher Tatsachen unterstellen könnte, haben wir unser Daytona Coupé aber nicht im damaligen Farbschema lackieren lassen.“ Ecurie Francorchamps hatte einen AC Ace im typischen AC-Grün mit einem historisch korrekten gelben Band am Flügel. Wären der Rennstall mit einem Daytona Cobra Coupé am Start gewesen, es hätte ebenfalls diese Farben getragen. Wir erlauben uns eine etwas indiskrete Frage: Diese farblich abgestimmte Rolex Submariner an Ihrem Handgelenk ist Absicht? „Aber natürlich!”, lacht James. „Why not?”
Der Co-Pilot
„Beim Salvadori Cup bin ich als Einzelfahrer mit einem 59er Tojeiro-Jaguar gemeldet“, verrät uns James, „aber im einstündigen Rennen um die Graham Hill Trophy fahre ich die Daytona Cobra zusammen mit Joe Twyman.Wir haben geschäftlich viel miteinander zu tun – ich bewege mich in der Ferrari-Welt, und er arbeitet als unabhängiger Berater für Sammler mit Gooding & Company zusammen. Er zählt auch zu meinen besten Freunden. Vor ein paar Jahren waren wir beide zusammen in einem Mini in etlichen Rennen unterwegs. Auf ihn kann man sich immer verlassen. Das ist ganz wichtig, vor allem, wenn er gerade mit dem eigenen Liebling auf der Strecke herumhetzt!”
Vorbereitung auf Goodwood
Am Dienstag vor dem Wochenende des Member‘s Meeting wurde das Auto für eine letzte Testfahrt zur Rennstrecke von Donington geschickt. „Wir haben am Setup getüftelt“, berichtet James. „In der letzten Runde hatten wir dann einen Schaden an der Antriebswelle. Aber wir hatten Glück im Unglück – das hätte schließlich auch in der ersten Runde des Rennens in Goodwood passieren können. Also schickten wir das Auto zurück in die Garage und verbrachten die Nacht damit, die Welle zu ersetzen. Dann entdeckten wir auch noch ein Problem bei einem der Stoßdämpfer. Die sind natürlich in so kurzer Zeit nicht zu bekommen. Aber Tim Summers – mit dem ich eine Cobra bei den Spa 6 Hours geteilt habe – war so nett, uns die hinteren Stoßdämpfer seines Fahrzeugs zur Verfügung zu stellen. Nachdem wir dieses Thema auch erledigt hatten, mussten wir uns noch mit den Endrohren beschäftigen. Sie waren schallgedämpft, wir brauchten aber für den puristischen Geist des Members‘ Meeting gerade Endrohre für den ursprünglichen Sound.“
„Während diese Hindernisse aus dem Weg geräumt werden mussten, war ich im Büro damit beschäftigt, einiges zu erledigen, damit ich am Freitag in Richtung Goodwood aufbrechen konnte. Zugegeben, ich war bei der Arbeit gedanklich schon beim Members’ Meeting. Die Autos wurden dann am Donnerstagnachmittag auf einen Hänger geladen und am Freitag nach Goodwood gebracht. Ich selbst machte mich am Freitagnachmittag auf den Weg, unterwegs habe ich mir bei einem Händler allerdings noch ein Auto für einen Kunden angesehen.“
Das Rennwochenende
In Goodwood angekommen, wurde zunächst einmal das Team angemeldet und die technische Abnahme des Autos erledigt, um sich dann in aller Ruhe die anderen Fahrzeuge anzusehen und mit Bekannten zu plauschen. „Danach sind Joe und ich mit einer Runde zum Abendessen ins Pub. Das Royal Oak in Lavant ist unsere Stammkneipe, wenn wir in Goodwood sind. Wir versuchen natürlich, nicht zu viele Biere zu trinken...“
Am Samstag war James schon früh wieder frisch und munter auf den Beinen, weil das Qualifying anstand. „Da Joe noch nicht so viel Zeit im Auto verbracht hatte wie ich, gab es für ihn noch mehr Zeit hinterm Steuer. Er hat uns damit die vierte Position gesichert. Wegen einer Öllache gab es anschließend die rote Flagge, ich fand aber trotz der Unterbrechung eine gute Linie und verbesserte unsere Position um zwei Plätze. Weil wir noch ein paar mechanische Probleme hatten, habe ich früher die Strecke verlassen. Wir sind dann mit der Cobra zu den Transportern gefahren, um dort unsere Fahrerwechsel zu trainieren. Joe und ich zählen zu den jüngeren Teilnehmern, und diese Beweglichkeit wollten wir unbedingt ausnutzen.“
„Ich war vor dem Cobra-Rennen noch mit dem Tojeiro im Qualifying, also habe ich ein paar Runden vorher aufgehört, damit ich rechtzeitig zum Treffpunkt laufen konnte – das Fahrerbriefing habe ich verpasst, übrigens genauso wie Emanuele Pirro, der sich die Pole gesichert hatte. Wir bekamen eine schnelle Zusammenfassung, bevor wir wieder zu unseren Autos zurückgestürmt sind. Aber ein Crash auf der Zielgeraden im Lauf zuvor hat dann unser Rennen um eine halbe Stunde nach hinten verschoben.“ Durch die zeitraubenden Aufräumarbeiten wurde das Rennen von 60 Minuten auf nur 30 Minuten verkürzt. Das bedeutete, es gab jeweils nur einen Fahrerwechsel.
Es geht los!
„Ich hatte den ersten Stint, wobei schon der Start ziemlich interessant war. Zwei Autos haben definitiv einen Frühstart hingelegt und bis zur ersten Kurve hatte ich schon einen Platz eingebüßt. Mein Kampf um den zweiten Platz war recht ordentlich, weil ich ausgemacht hatte, wo unsere Schwachpunkte lagen. Ich habe ein paar Manöver versucht und lag innen beim Bremspunkt auf der hinteren Geraden von Goodwood – reine Nervensache, weil man mit Tempo 250 später bremsen will, als der Konkurrent. Außerdem fiel der Öldruck ein wenig. Mit historischen Sportwagen schnell unterwegs zu sein, heißt aber auch, sie trotzdem pfleglich zu behandeln. Obwohl ich eine gute Pace bewahren konnte, hoffte ich, dass sich unser Fahrerwechseltraining beim Pitstop auszahlen würde – und so war es dann auch.“
Als Joe bei seinem Stint die Boxengasse verließ, kam er vor der roten Cobra heraus, die das Rennen angeführt hatte. „Das Auto war wirklich etwas Besonderes, es meisterte selbst die Speed-Fallen. Irgendwie hat sich die Cobra wieder vor Joe gesetzt, aber er hat mit Bravour den zweiten Platz in einem ziemlich heftigen Rennen mit vielen guten Piloten behauptet. Wir waren mit unserem Abschneiden sehr zufrieden, zumal es der erste Einsatz des Autos war. Dazu haben auch die vielen Helfer im Hintergrund beigetragen.“
Photos: © Tim Brown for Classic Driver