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Ein Tag in der Werkstatt des legendären Shelby-Piloten Allen Grant

Seine Rennfahrerkarriere war untrennbar mit der Cobra verknüpft, denn Allen Grant war Teil des berühmten Shelby American Teams, das mit der Meisterschaft 1965 Carroll Shelby und seinen „Hot Rods” einen Platz in den Geschichtsbüchern sicherte. Rémi Dargegen hat ihn in Palm Springs besucht.

Wussten Sie, dass die Figur des John Milner in George Lucas Filmklassiker „American Graffiti” auf Allen Grant basiert? Und dass der Film tatsächlich von Grants jugendlichen Straßenrennen und Drive-In-Eskapaden während seiner Teenagerzeit im kalifornischen Modesto inspiriert wurde? Als erfolgreicher Autocrossfahrer und Club Racer an der Westküste stieß Allen Grant 1963 als Schweißer zu Shelby American und konnte bald auch seine Qualität als Fahrer unter Beweis stellen. Er wurde Teil der Werksmannschaft mit den Cobra Daytona „Coops” in diesen heute legendären Jahren 1964 und 1965.

Zusammen mit weiteren großen Rennfahrern wie Bob Bondurant, Ken Miles und Dan Gurney war Allen Grant der Schlüssel für Carroll Shelbys Gewinn der internationalen Meisterschaft für GT-Konstrukteure 1963 – hatte sich dieser doch geschworen, dass er Enzo Ferrari eines Tages das Fürchten lehren würde. Weil Grant damals bewusst war, dass er in die Motorsportgeschichte eingehen würde, sammelte er eine erstaunliche Zahl an Erinnerungsstücken – und Autos. Unser Glück, denn damit hatten wir ein Fest für die Augen, als wir einen Tag mit ihm in seiner Werkstatt im kalifornischen Palm Springs verbringen durften.

Was ist Ihre früheste Erinnerung an ein Automobil?

Als ich acht Jahre alt war, begleitete ich meinen Vater, als er einen Chevrolet Pickup mit fünf Fenstern und manuellem Getriebe kaufte. In diesem Truck habe ich Autofahren gelernt. In den späten achtziger Jahren habe ich selbst einen Chevrolet Pickup gekauft, ihn so restauriert wie jenen von 1949 und ihn meinem Vater geschenkt. Er war außer sich vor Freude und parkte ihn einige Monate regelmäßig vor unserer Kirche.

Was war Ihr erstes Auto?

Zum 16. Geburtstag kaufte mir mein Vater einen zweitürigen Pontiac Catalina mit Hardtop als fahrbaren Untersatz für die Highschool und das College. Während mein Bruder ein Einserschüler war, schaffte ich gerade soviel, um nicht durchzufallen und hing mit meinen Freunden herum, die alle „Car Guys“ waren. Damals war es angesagt, sein Auto tiefer zu legen, also musste das auch bei meinem Pontiac passieren. Ich war mittendrin in diesem Projekt, als mein Vater nach Hause kam und fand, dass es keine so Idee wäre, weil der Pontiac sich bockig wie eine alte Kutsche verhalten würde. Ich sagte: „Aber Dad, das Auto wird so cool aussehen.”

War das Ihr Einstieg in die Welt der Autos?

Klar, meine Freunde und ich waren ständig am Schrauben, bauten Smitty-Auspufftöpfe ein, flimmernde Radkappen und größere Reifen. Abends suchten wir Downtown heim und veranstalteten ein Drag Races auf der 10. Straße. Diese Straße war erstens verlockend, weil dort Geschäfte wie Sears und Woolworths waren, in deren großen Schaufenster wir uns beim Vorbeifahren spiegelten. Zweitens, was vielleicht noch wichtiger war, konnten wir dort Ausschau nach den Mädchen halten, die auch unterwegs waren. Am Ende der 10. Straße befand sich Burge’s Drive-In, wo wir herumlungerten und uns Hamburger, Pommes Frites und Cherry-Cokes genehmigten. Dieses Ritual war die Inspiration für den Film „American Graffiti”, den mein guter Freund George Lucas gedreht hat.

Wie kamen Sie zum ersten Mal mit Autorennen in Kontakt?

Im Jahr 1958 kaufte der Vater eines Freundes ihm einen neuen MGA. An einem Samstag machten er und ein paar andere reiche Kids mit ihren Porsche Speedster, Triumphs, Morgans und Austin-Healeys eine Ausfahrt in der Mother Lode-Region östlich von Modesto, wo ich aufgewachsen bin. Er fragte mich, ob ich auf der Rückfahrt mitkommen wollte, und ich sagte natürlich zu! Diese Erfahrung war für mich schier unglaublich. Wenn ich am Lenkrad drehte, folgte das Auto – es neigte sich nicht, es quietschte nicht, sondern krallte sich in die Straße. Und wenn ich bremste, reagierte das Auto sofort und stoppte. Ich war hin und weg. . 

Wie alt waren Sie, als Sie mit Autorennen anfingen?

Ich startete bei Autocross-Veranstaltungen, nachdem ich 1969 meinen Austin-Healey kaufte. Ich war 18 Jahre alt. Man sollte eigentlich 21 sein, aber wir hatten alle gefälschte Ausweise – auf meinem lautete der Name Mark Gerstein! Als ich dann 21 Jahre alt wurde, bekam ich meine Lizenz vom Sports Club of America und absolvierte 1962 gleich 14 Rennen. Zwölf davon habe ich gewonnen und wurde sogar als Rookie des Jahres ausgezeichnet. Mein nächstes Auto war ein 1958er AC Bristol mit dem ich meistens in meiner Klasse siegte und sogar die beste Zeit für ein Fahrzeug unter zwei Litern Hubraum erreichte. Danach hatte ich dann die Shelby Cobra CSX2128, die Coventry Motors für mich kauften, um im August 1963 an den Start zu gehen. Es war in diesem Auto auf dem Riverside-Kurs, dass ich Carroll Shelby bewies, dass ich ein Weltklassefahrer bin.

Wie würden Sie Carroll Shelby und Ihre Beziehung zu ihm beschreiben?

Ich hatte eine wirklich wundervolle Beziehung zu Carroll – ich kannte ihn wohl besser, als irgendjemand, der noch heute lebt. Er hat mich mit 22 Jahren angestellt und ich war als Schweißer in der Produktion der Straßen-Cobras tätig, dann als Hersteller und Mechaniker in der Rennwerkstatt. Als er hörte, dass ich ein paar Jahre am College war, beförderte er mich zum Qualitätsmanager für die Fertigung. Ich arbeitete nun in der ersten Etage und teilte ein Büro mit Peter Brock. Nachdem ich mich am Steuer meiner eigenen Cobra überzeugen konnte, fuhr ich ab 1965 für Shelby in Daytona, Sebring, Monza, Goodwood und Le Mans. Er war nicht nur selbst ein außerordentlicher Fahrer, sondern eine fantastische Persönlichkeit. Er besaß die einzigartige Gabe, Talente zu erkennen und für sein Unternehmen zu sichern. Er hatte natürlich auch seine Fehler – manchmal beugte er die Regeln. Aber er war ein echter Unternehmer, ein unvergleichlicher Verkäufer seiner Sache, mein Vertrauter und ein wahrer Freund.

Nach Ihrem Erfolg in den Vereinigten Staaten fuhren Sie auch Rennen in Europa – haben Sie besondere Erinnerungen an diese Zeit?

Ich reiste mit Shelby als Cobra-Teamfahrer nach Europa und als Mechaniker der Ford GT40 mit den Nummern 103 und 104. Mein Arbeitsplatz für die GT40 war bei Ford Advanced Vehicles in Slough, Tür an Tür mit Lola Cars! Ich entdeckte ich nicht nur zum ersten Mal die Lola GT MK6, sondern kaufte sie auch. Meine schönste Erinnerung ist mein erster europäischer Sieg in Monza. Ich war erst 24 Jahre alt und teilte mir das Steuer des Cobra Daytona Coupés mit Bob Bondurant.

Was geschah, als Ihre Karriere bei Shelby beendet wurde?

Nachdem wir 1965 die Weltmeisterschaft mit den Daytona Coupés gewonnen hatten, entschieden Ford und Shelby mit den GT40 weiterzumachen und die Cobras außer Dienst zu stellen. Ford heuerte auch die Fahrer an und wollte sich nur noch international bekannte Piloten sichern. Somit konnte ich mich nicht qualifizieren. Shelby bat mich, im Büro weiter mit ihm zusammenzuarbeiten, aber ich wollte meinen College-Abschluss machen. Er stimmte zu und sagte mir, dass ich nach den Prüfungen einen Job bei ihm hätte. 

Sind Sie für andere Teams außer Shelby American Rennen gefahren?

Im Jahr 1964 bestritt ich einige Rennen mit der von Bill Thomas gebauten Werks-Cheetah in Kalifornien, Oregon und Washington – mit gemischten Ergebnissen. Es war ein schwer zu bändigendes Biest, weil es neu und nicht vollständig entwickelt war. Aber ich halte immer noch den Rundenrekord für Frontmotorfahrzeuge auf der alten Laguna Seca-Strecke.

Sie haben eine bemerkenswerte Memorabiliensammlung – haben Sie von Anfang daran gedacht, sich Erinnerungen an Ihre Karriere zu sichern?

Ich hatte immer das Gespür dafür, dass wir dabei waren, Geschichte zu schreiben und ich wollte diese Momente bewahren. Ich schätze besonders die Shelby-Jacken und Namensschilder. Die originale George Lucas-Zeichnung meiner gelben Cobra ist unbezahlbar – er fertigte sie an, als er bei mir in meinem Apartment in Santa Monica wohnte. Worte können einfach nicht die Nostalgie, die Erinnerungen und die Dankbarkeit, die ich empfinde, adäquat ausdrücken. Ich habe so viele Segnungen auf meinem Weg erhalten, ich bin so dankbar für die Möglichkeiten, die ich erhalten habe. Vor allem, dass ich für Carroll Shelby arbeiten und fahren durfte und wir das erste und einzige US-Team waren, dass eine Weltmeisterschaft gewann. So weit ich weiß, sind von den gut ein Dutzend Fahrern aus dieser sagenhaften Rennsaison nur mehr Bob Bondurant und ich am Leben. 

Haben Sie denn noch einige der Autos?

Das einzige Auto, das ich behalten habe, ist die Lola GT MK6, die mir seit 53 Jahren gehört. Als Shelby 1968 aufgegeben wurde, bot Carroll alle Fahrzeuge zum Verkauf, eines davon war mein Daytona Coupé CSX2300. Da ich gerade das College abgeschlossen hatte und wenig Geld hatte, bat ich meinen Vater, mir 6.000 Dollar zu borgen, um das Auto zu kaufen. Er hat mich angesehen, als wäre ich wahnsinnig geworden. Ich versuchte ihm klar zu machen, dass dieses Auto eines Tages einen enormen Wert besitzen würde, aber es nutzte nichts. Er wurde 94 Jahre alt und jedes Mal, wenn ein Daytona teuer verkauft wurde, habe ich ihn an diese Entscheidung erinnert. Sie wurden für rund fünf Millionen Dollar gehandelt, als er verstarb. Heute werden diese Rennwagen auf rund 20 Millionen Dollar geschätzt.

Fotos: Rémi Dargegen for Classic Driver © 2018