"Nur wenige Stunden Schlaf, dann waren wir wieder fit für die nächste Party - und an den Anlegestellen wartete immer ein Riva-Boot." So beschrieb Gigi Rizzi, legendärer Playboy und Schauspieler der sechziger Jahre, dieses Lebensgefühl. Zu den unverzichtbaren Accessoires des Partygängers von Welt zählten neben der schönen Blondine am Arm ein offener Ferrari, Armbanduhren von Piaget oder Patek Philippe, ein begehbarer Schrank für den Herren, eine Felsenvilla mit Blick aufs Meer und ein schnittiges Motorboot, das im italienischen Sarnico geschneidert worden war. Die Anfänge von Riva nahmen sich allerdings dagegen recht bescheiden aus.
Man schrieb das Jahr 1842 und der mittellose Pietro Riva saß am Ufer des Comer Sees und reparierte sein Fischerboot, das unterhalb der Wasserlinie Löcher aufwies, nachdem er eine ambitionierte Ladung Ziegel damit transportiert hatte. Er nahm ein unscheinbares Stück Holz und begann, es zu beschneiden, zu formen und zu biegen. Für ihn waren diese Techniken selbstverständlich, aber ein Fischer vom Lago d'Iseo, der ihm dabei zugesehen hatte, war begeistert von diesem verborgenen Genie. "Komm mit mir nach Sarnico und ich finde Aufträge für dich", soll der Fremde gesagt haben, der wusste, das erst kürzlich nach einer Überschwemmung des Oglio-Flusses mehrere Boote schwer beschädigt worden waren.
Pietro bestieg den Zug in Richtung Nachbarsee und machte sich an die Arbeit. Schnell hatte er sich in der Fischergemeinde einen enormen Ruf erworben und wurde schließlich beauftragt, zwei Boote von Grund auf zu konstruieren. So begann die Geschichte eines der bedeutendsten Unternehmen für motorisierte Sportboote. Die junge Riva-Werft machte bald gute Geschäfte. Aber erst als Pietros Sohn Ernesto 1907 bei einem Betriebsunfall sein Leben verlor, schlug das Unternehmen den Kurs ein, der später zu den großen Erfolgen führen sollte. Nach Ernestos frühzeitigem Tod hatte dessen Bruder Serafino das Steuer übernommen. Er trennte sich vom bisherigen Kerngeschäft der Wasserfahrzeuge für den Transport und konzentrierte sich nun auf den Bau anspruchsvoller Sportboote mit kleinen europäischen Innenbordmotoren und amerikanischen Außenbordern. Diese Innovation bescherte den reichen, sorglosen jungen Leuten der Epoche einen neuen Zeitvertreib - Motorbootrennen.
Schon 1912 flitzte ein Riva-Rennboot mit über 30 Kilometer in der Stunde über den Lago d'Iseo. Nach dem Ersten Weltkrieg nahm Serafino an so vielen Rennen wie möglich teil, um die überlegene Leistung seiner Boote zu beweisen. Mussolinis Regime schätzte solche Events, weil sie zeigten, dass sich Leute unter dem Faschismus amüsierten. Serafino avancierte zum Nationalhelden. Das wachsende Renommee von Riva und der Erfolg der nautischen Produkte erlaubten Serafino ab Mitte der dreißiger Jahre genau die Boote zu bauen, die der Inbegriff maritimer Eleganz geworden sind: hoch lackiert, mahagonibeplankt, mit feinen Armaturen und schlankem Steuerrad ausgestattet. Während des Zweiten Weltkriegs stockte zwar die Herstellung, aber Ende der vierziger Jahre waren die Auftragsbücher wieder voll, vor allem, als 1948 Wasserskifahren in Mode kam. Nichts zog so schöne Furchen durchs Wasser wie ein Riva.
Der Sport wurde so populär, dass das Grand Hotel Miramare in Santa Margherita bei der feinen Werft ein Boot bestellte, damit hübsche, junge Dinger auf Holzbrettern über schimmerndes Gewässer beschleunigt werden konnten. Das Ergebnis war das Achtzylindermodell Riva Super Florida, mit mehr als 1.000 Einheiten das erfolgreichste Boot aus Sarnico in den Jahren zwischen 1952 und 1969. Kein Playboy, Filmstar, Sportidol, Magnat oder verwegener Royal, der in der Ära der fünfziger oder sechziger Jahre etwas auf sich hielt, bewegte sich in etwas anderem als einem Riva auf dem Wasser.
Ultimatives schwimmendes Statussymbol war das Modell Aquarama, dicht gefolgt von der sechs Meter langen Ariston. Das Riva-Boot Super Florida, erhältlich in Sechs-Meter- oder 5,4-Meter-Ausführung verband alle begehrenswerten Eigenschaften. Es war schnell, sah schön und rassig aus, und bot auch genügend Platz zum Räkeln in der Sonne. Die vermutlich wenigen eher zurückhaltenden Riva-Besitzer wählten den kleinen 5,2-Meter langen Corsaro oder die noch kleineren Scoiattolo- und Junior-Modelle, die knapp über vier Meter Länge massen. Die Liste der glamourösen Tifosi birgt fast keine Überraschungen: Fürst Rainier von Monaco hatte eins, Sophia Loren und Brigitte Bardot waren Kundinnen, Sean Connery, der Schah von Persien und Richard Burton, der ausnahmsweise einen Diamanten reinsten Wassers namens Riva kaufte. Heute sind diese handgefertigten Boote so kostbar wie die automobilen Klassiker, in denen man nach einer Party zum Steg fuhr. Auf Auktionen erzielen sie Höchstpreise.
Fotos: Riva