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Mit diesem Ferrari 330 GT Speciale ging ein Lebenstraum in Erfüllung

Geduld ist wirklich eine Tugend. Über sechs Jahrzehnte träumte ein Mann davon, als Hommage an den von ihn verehrten Designer Giovanni Michelotti seinen ganz eigenen Ferrari zu bauen. Nun ist sein Traum endlich wahr geworden – sagen Sie Ciao zum Ferrari 330 GT Speciale...

Wer nicht wagt, der.....

 „Wenn Du es nicht erst mal versuchst, wirst Du nie etwas erreichen“. Jose Fernandez weiß, wovon er spricht. Seit 57 Jahren versuchte er, sich einen Kindheitstraum zu erfüllen: seinen eigenen selbst gebauten Ferrari, als Hommage an Giovanni Michelotti, einen der großen Designer des 20. Jahrhunderts. Erst jetzt hat Fernandez dank seiner eigenen ungebrochenen Zähigkeit und der Hilfe eines Teams hochtalentierter Handwerker seinen Traum verwirklicht. Und wir sind sind sicher, dass Sie mit uns einer Meinung sind: Das Ergebnis ist der Wahnsinn.

Ein Bücherladen in Mexico City

Diese bemerkenswerte Geschichte nahm ihren Ursprung vor über fünf Jahrzehnten – in einem amerikanischen Bücherladen in Mexico City. Beim Durchblättern eines alten Ferrari Handbuchs erblickt ein junger und begeisterungsfähiger Fernandez ein Foto eines 250 Europa mit Vignale Karosserie. Schon dieser schlanke Grand Tourer der frühen 1950er-Jahre verriet die damals von Vignales Designer Michelotti verfolgte Formensprache mit hoher Gürtellinie und flachem, eingezogenem Dach. 

Fernandez war so begeistert, dass er spontan ein Miniaturmodell des Ferrari aus Balsaholz fertigte. In den 60er-Jahren fachten Artikel über den ähnlich gestylten 340 America in Road & Track und imCavallino Magazin das Feuer weiter an.Unter Berücksichtigung zahlreicher als Referenz dienender Skizzen von Michelotti verfeinerte Fernandez seinen Entwurf obsessiv immer weiter. Mit höchstmöglichem Respekt vor dem Originalentwurf verbreiterte er „sein“ Auto leicht und fügte ihm aus Praxiserwägungen auch noch einen Kofferraum an. 

Fertig um loszulegen?

Es dauerte bis zum Beginn des neuen Jahrtausends, ehe Fernandez sein Design als vollendet ansah. Er fand einen Spezialisten aus Buenos Aires, der aus Schaum und Kunststoff ein größeres Modell formte. Nach endlosen Stunden Forschung entschied er sich für einen 330 GTC als bestmöglichen Plattformspender für seinen einzigartigen Ferrari. Denn dessen Radstand und Breite passten am besten.

Er besorgte sich ein leicht angegrautes, aber sonst intaktes Modell (Chassisnummer 7877) aus New York City. Strippte es erst einmal komplett ab und bereitete den Motor neu auf. Zwischenzeitlich flog er mit seiner Frau sogar für einen Besuch des Scaglietti-Werks in Modena nach Italien. In der Hoffnung, dort nähere Informationen über eine authentische Umsetzung seiner Vision zu erhalten.

Falsche Richtung

An diesem Punkt wich die Reise ein wenig vom Kurs ab. Im Verlauf der nächsten zehn Jahre kontaktierte Fernandez verschiedene Karosseriebauer. Doch aus welchem Grund auch immer – keiner erfüllte am Ende seine hohen Erwartungen. Zwar sah die per Hand geformte und noch unlackierte Aluminium-Karosserie schon sehr schön aus. Doch die Qualität der restlichen Arbeit, darunter Elektronik und Innenausstattung, empfand Fernandez, der über eine so lange Zeit so viel Energie in das Auto gesteckt hatte, fast als Beleidigung. 

Fast schon aus Verzweiflung, und darin bestärkt von seiner Familie, wandte er sich dann 2015 an The Creative Workshop in Florida, einem der weltweit renommiertesten Restaurierungsbetriebe. 

Verständlicherweise zurückhaltend 

In Erwartung eines weiteren ahnungslosen Bastlers mit einem selbst gebauten Modell war Creative-Gründer Jason Wenig verständlicherweise erst einmal zurückhaltend. Doch das änderte sich, als Fernandez seine Geschichte erzählte. „Was mich sofort beeindruckte: Jose, ein Mann in den 80ern, ist blitzgescheit und ein echter Vignale und Michelotti Historiker – er kennt wirklich jedes Detail dieser Autos“, sagt Wenig. „Er wusste, wovon er sprach und verfolgte eine glasklare Vision. Er hatte schlicht die falschen Leute getroffen, um ihn auf dem Weg zu begleiten.“ 

Die Anfangsskulptur

An diesem Punkt war das Auto – das Wenig als „Anfangsskulptur“ definiert – in einem ziemlich traurigen Zustand. „Es war schon herzzerreißend: Ich saß einem der nettesten, gewissenhaftesten und passioniertesten Menschen gegenüber, die ich je getroffen habe. Und hatte die Mittel, seinen Traum zu realisieren“, erinnert sich Wenig. „Doch nachdem wir zusammen eine ganze Menge Champagner getrunken hatten, musste ich ihm eröffnen, dass das Auto weit davon entfernt sei, fertig zu sein. Die Türen schlossen nicht, das Lenkrad stand schief, der Kabelbaum war nicht angeschlossen, die Fenster waren mit Klebeband in die Rahmen gesetzt und in das Spaltmaß zwischen Kühlergrill und Karosserie passte locker ein Finger. Ich hätte noch 20 Minuten weitererzählen können.“

Die Kunst der Geduld

Wenig willigte ein, Fernandez zu helfen. Und so begann eine akribische und über dreijährige Restaurierung. Während der so ziemlich alles, was bis dahin am Auto gemacht worden war, verschrottet und neu angefertigt wurde. „Es war, als würde man ein Pflaster abreißen, aber es musste sein“, so Wenig. Zumal die Kunst ja auch darin bestand, einen 330 GTC aus den 60er-Jahren auf ein 50er-Jahre-Modell zurückzudatieren. Doch die Geduld und die Bemühungen, das Auto genau so zu gestalten, wie es Fernandez vorschwebte, zahlten sich aus. 

Für einen zufälligen Beobachter ergeben sich beim Anblick des Autos keine Fragen. Was vielleicht das größte Kompliment ist, das man Wenig und seinen Leuten machen kann. Das verkürzte Rohrrahmen-Chassis des 330 behielt seinen Original-Motor und das Matching Numbers-Getriebe. Doch zahlreiche Teile kamen zum Einbau, die das Auto nicht nur wie ein 50er-Jahre-Modell ausschauen, sondern - was vielleicht noch wichtiger ist - auch anfühlen lassen. Man nehme nur als Beispiel die Borrani Record Speichenräder, das Nardi-Lenkrad, die Jaeger Armaturen und das sattelbraune Vaumol Leder.  

Für Michelotti 

Die atemberaubende Hommage an Michelotti und die verlorene Kunst des Coachbuildings wurde nach Fertigstellung erstmals bei The Quail, A Motorsports Gathering, öffentlich und gleich neben einem originalen 340 America ausgestellt. Für Fernandez, der aus diesem Anlass seine ganze erweiterte Familie nach Kalifornien einfliegen ließ, war dieser Moment emotional, um es gelinde auszudrücken. „Ich hatte den Eindruck, dass seine Familie noch bewegter war als Jose!“, sagt Wenig. „Für ihn war es definitiv eine Feier des Erfolges und weniger Besitzerstolz.“

Doch nun zum Elefant im Raum. Um es klar zu sagen: Das ist kein im Werk gebauter Ferrari, will es auch gar nicht vorgeben. Aber auch keine minderwertige GTO Replica oder ein aus kommerziellen Gründen aufgelegtes „continuation“ Modell. Es ist vielmehr das Ergebnis einer lebenslangen Planung und Obsession. Und am Ende ein Tribut an jene glorreichen Modelle, aus denen das Modell seine Inspirationen bezog.  

„Für was sind wir hier? Um zu leben, und solange ich lebe, möchte ich die Dinge nach meinen Vorstellungen gestalten“, so Fernandez ehrliches Bekenntnis gegenüber der The Creative Workshop Mannschaft. „Ich baute den Ferrari, weil ich ihn mochte. Ich fragte niemanden, ob es möglich sei, sondern tat es einfach.“ Nun endlich hat sich Joses Traum erfüllt.

Bilder mit freundlicher Genehmigung von The Creative Workshop © 2018 

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