Der Jaguar D-Type war, anders als sein Vorgänger, von Anfang an als Rennwagen konzipiert. Die Anweisung an die Designer lautete damals kurz und knapp: Funktionale Effizienz um jeden Preis! Obwohl die Funktion Priorität besaß, war das Design dennoch atemberaubend schön. Die Linien des D-Type haben eine Silhouette geschaffen, die in der Geschichte des Motorsports einmalig sein dürfte. Die charakteristische und innovative Finne hinter dem Fahrer zierte allerdings noch nicht die frühesten D-Types; sie wurde als Folge von ersten aerodynamischen Versuchen im Windkanal erst nachträglich eingefügt.
Dreimal siegreich in Le Mans
Was aber noch wichtiger war: Das neue Modell dominierte gleich von Anfang an die Rennstrecke, wie die Siege 1955, 1956 und 1957 in Le Mans belegen. Zunächst war der Jaguar als Werkswagen, später beim privaten Team von Ecurie Ecosse unterwegs. Zum Geheimnis seines Erfolge zählte zunächst das Semi-Monocoque-Leichtbau-Chassis, das so vernietet und zusammengeschweißt worden war, dass sich bei aller Leichtigkeit eine extrem steife Struktur ergab. Die Ingenieure hatten sich von der Technologie der leichten Kampfjets aus dem Zweiten Weltkrieg inspirieren lassen. Zusammen mit Dunlop zählte Jaguar zu den Pionieren der Scheibenbremsen, die ihre Wirkung bereits in späten C-Types unter Beweis gestellt hatten. Folglich erhielt auch der fortschrittlichere D-Type diese Technologie, zusammen mit einer Servounterstützung.
Ein Tennis spielender Eis-Rennfahrer
Eigentlich ist jedes der 54 für Privatkunden hergestellten Exemplare des D-Type ein Juwel, doch das abgebildete Fahrzeug aus dem Jahr 1955 mit der Chassisnummer XKD 530 hat eine besonders spannende Geschichte. Der klassische Reihensechszylinder von Jaguar mit 3.781 Kubikzentimetern Hubraum und Weber-Doppelvergaser wurde vom Werk im Januar 1959 nachgerüstet (geschätzte Leistung: etwa 304 PS). Der ursprüngliche 3,4-Liter-Motor hatte sich da bereits durch etliche Siege ausgezeichnet – einige davon auf Eis. Dass dieser legendäre Rennwagen auf's Glatteis geführt wurde, verdankt er seinem ersten Besitzer Curt Lincoln aus Helsinki, seines Zeichens Tennis-Ass im finnischen Davis-Cup-Team. Er holte seinen in "British Racing Green" lackierten D-Type im April 1956 ab und bat das Werk in Coventry, den Rennwagen mit sichtbaren Gebrauchsspuren auszuliefern, denn er wollte sich die heftigen Einfuhrgebühren beim Zoll sparen. Und so erhielt er seinen Jaguar mit der Patina abgewetzter Pedale, einem Lenkrad aus zweiter Hand und einem Kilometerzähler, der mutwillig vorwärts bewegt worden war.
Ist das der verrückteste D-Type der Welt?
Nach diesem unkonventionellen Auftakt hatte das Fahrzeug weiterhin eine schillernde Biographie, deren Einzelheiten leider diesen Rahmen sprengen würden. Da waren zum Einen die vielen Rennen mit Timo Makinen am Steuer, außerdem könnte es sich um den einzigen D-Type handeln, der während des Kalten Krieges in der Sowjetunion im Renneinsatz war. Spannend auch die Tatsache - die der aktuelle Besitzer betont -, dass es einst tatsächlich eine Kontroverse um die wahre Identität dieses Automobils gegeben hat. Eine Auseinandersetzung, die so zwingend gelöst wurde, dass es künftige Besitzer schmunzeln lassen wird:. Wie so oft gab es zwei Fahrzeuge, für welche die Fahrgestellnummer XKD 530 beansprucht wurde - eine Situation, die ein Experte so auf den Punkt brachte: "Es könnte schwierig sein, dieses Problem zu beheben, es sei denn, eine gutherzige Person ersteht beide Fahrzeuge und tauscht den vorderen Fahrschemel sowie die Papiere und Dokumente, damit es nur einen D-Type mit der Nummer XKD 530 gibt."
Fotos: Patrick Ernzen ©2015 Courtesy of RM Sotheby's