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Works Racing Motorcycles – von Wölfen und Manx-Schafen

Mit modernster Technologie und leidenschaftlicher Handarbeit lässt Patrick Walker die Norton Manx wieder aufleben. Der Ingenieur und Gentleman, dessen berufliche Karriere in Hemd und Anzug begann, trägt heute aus Überzeugung einen Blaumann. Wir trafen Walker auf seinem Landsitz in Leicestershire.

Der Norton-Faktor

Patrick Walker gehört zu jener Sorte Mensch, die es bevorzugt, alleine von zuhause aus zu arbeiten - an dem Ort, wo sie sich am wohlsten fühlt und von ihrer Familie umgeben ist. Was auf keinen Fall bedeutet, dass Walker nicht in der Lage wäre, ein Team zu leiten. Er bevorzugt einfach die Stille beim Arbeiten. Seine Karriere als Ingenieur begann im Jahr 1985 mit einem Langzeitpraktikum bei Norton in Shenstone, wo er mit seinen legendären Mentoren Doug Hele und Brian Crighton zusammenarbeitete.

Vom Anzugträger zum Mechaniker

"Doug Hele war ein echter Gentleman, er brachte mir sehr viel bei und hat mich inspiriert, Ingenieur zu werden," erinnert sich Patrick Walker. "Er konnte mir auf wirklich charmante und auf einfache Art und Weise Dinge erklären, dafür hat er seinen eigenen Wortschatz gehabt. Dazu zählten Wörter wie jogolocity, mit dem er die Art und Weise beschrieb, wie sich ein Öl in einem Motor bewegt." Es sollte nicht seine einzige prägende Erfahrung bleiben: Später half Walker unter anderem den beiden Abenteurern Giles Cardozo und Bear Grylls beim Bau eines fliegenden Autos und leitete das Team von Maxsym Engine Technology, wo er leistungsstarke Parallel-Twin-Motoren produzierte, die veraltete und laute Zwei-Takt-Maschinen in Jetskis und Schneemobilen ersetzen sollten. "Ich habe zwar das Ingenieursstudium abgeschlossen, aber trotzdem mache ich mir gerne die Hände schmutzig. Man könnte sagen, ich habe im weißen Hemdkragen begonnen und trage jetzt einen Blaumann."

Die Wiedergeburt der Norton Manx

Walkers Firma bietet Motoren und komplette Motorräder auf Basis der 1962er Norton Manx, die es mit 350er- oder 500er-Motoren gab. Das komplette Motorrad gestaltet Walker neu, die Motoren werden nach originalen Zeichnungen und einer ganzen Reihe von CAD-Modellen aufgebaut. In der "Scheune" von Works Racing Motorcycles steht mittlerweile eine hochmoderne Nakamura AS200 CNC-Drehmaschine, mit der Walker sämtliche Antriebskomponenten herstellen kann. Und zwar viel präziser, als es Norton damals möglich war. Das Ergebnis ist ein öldichtes und unglaublich leistungsfähiges Triebwerk – ein wahrer "Wolf im Schafspelz". Viele seiner Motorräder fahren in äußerst kompetitiven Rennklassen wie etwa der Lansdowne Classic Series mit. "Mein Interesse begann als Teenager, nachdem ich eine Norton auf dem Cover eines Motorrad-Magazins gesehen hatte. 2008 traf ich dann in Goodwood auf den Co-Gründer und Norton-Enthusiast Miles Robinson. Der Rest ist, wie man so schön sagt, Geschichte."

Wölfe zwischen Manx-Schafen

Wir trafen Walker in seiner wunderbaren Werkstatt mitten auf dem Land, im tiefsten Leicestershire. Walkers Bauernhof ist nicht nur das zu Hause der Familienhunde, sondern auch eines Austin Healy 3000 und einer Herde von Manx-Schafen, die von der Isle of Man stammen und der legendären Norton-Rennmaschine ihren Namen gaben. Statt von einem treuen Collie werden die Schafe hier standesgemäß mit einer modifizierten Norton 500T zusammengetrieben. Walkers Tochter fährt mit.
"Der Motor einer Manx Norton ist nichts Außergewöhnliches, in der Tat ist er relativ einfach aufgebaut. Die wahre Magie entsteht erst, wenn man den Motor mit dem Manx-Chassis verheiratet. Erst durch diese Konstellation entsteht ein Motorrad, das auf sehr hohem Niveau gefahren werden kann. Meine Maschinen sind alle sowohl original als auch sehr schnell. Das ursprüngliche Design ändere ich nur dann, wenn ich darin einen echten Vorteil in punkto Leistung sehe."

Wie schnell sind sie wirklich, die Manx-Maschinen?

Bei der letztjährigen Isle of Man Classic TT – auch bekannt als Manx Grand Prix – fuhren Walkers Maschinen auf den ersten, zweiten und vierten Platz, mit Geschwindigkeiten von über 100 Meilen in der Stunde. Drei Maschinen befanden sich unter den Top 11 in der Gesamtwertung. "Ich verließ die Isle of Man 2014 auf einem absoluten Hoch. Doch der Erfolg war das Resultat sehr harter Arbeit und vielen, vielen langen Nächten. Dieses Jahr will ich mich mehr darauf konzentrieren, etwas Spaß zu haben," lacht Walker.

Definieren Sie "Spaß"

Spaß, das bedeutet für Walker erstens Motorradfahren. Und zweitens sowohl seine eigenen, als auch Maschinen anderer in Schuss zu halten – bei Straßenrennen wie der Tandragee 100 in Irland. "Die Strecke bei der Tandragee ist einfach faszinierend. Man fährt auf abgesperrten öffentlichen Straßen, für mich ist das die purste Form des Motorradrennens – und die spannendste. Komischerweise werde ich hier beim Start nie so nervös, wie auf kurzen Rennstrecken. Ich starte mit einer Gruppe von Freuden des Gentlemen’s Road Racing Club. Wir würden ihn gerne GRRC nennen", grinst Walker, "doch dafür gäbe es sicherlich von einem sehr bekannten Lord, der in West Sussex lebt, ordentlich Schelte." Und was ist das Erfolgsrezept des Einmannbetriebes von Patrick Walker? Nun, er ist nicht nur ein erstklassiger Ingenieur, der sich mit neuesten Technologien auskennt und sie sinnvoll einsetzt, er kann sich auch gut verkaufen und hat einfach einen gesunden Geschäftssinn und Qualitätsanspruch. "Für mich ist es ganz einfach: Wenn jemand bei mir einen Motor kauft, muss es laufen – Punkt." 53 Maschinen hat Walker bereits hergestellt, die Lieferzeit für ein Motorrad beträgt circa sechs Wochen. 

Fotos: Amy Shore für Classic Driver © 2015

Weitere Informationen gibt es unter www.worksracing.co.uk.