Ciao Gabriele, während Sie gerade das Ende der ersten Produktionsphase ansteuern, würden wir gerne wissen: Wie lange dauert es im Schnitt vom Beginn des Aufbaus eines neuen Modells bis zur Auslieferung?
Bei den allerersten Wagen dauerte es ein bisschen länger, denn einen solchen Typ von Auto zu bauen ist noch komplexer als mit einem weißen Blatt Papier anzufangen. Es gibt gewisse Regeln, die man beachten muss. Jetzt sprechen wir von rund acht Monaten zwischen Produktionsstart und Übergabe an den Kunden.
Nachdem Sie die Bestellbücher geöffnet hatten, waren Sie da überrascht vom weltweiten Interesse, dass über Amos hereinbrandete?
Ehrlich gesagt waren wir schon sehr überrascht. Denn wir sind nicht ein ‚normaler‘ Automobilhersteller, wir haben bis auf den einen Premierentermin, an dem wir das Auto öffentlich gezeigt haben, keine weiteren Events oder Präsentationen durchgeführt. Ebenso haben wir im Vorfeld keine Skizzen oder Teaser veröffentlicht, wir wollten nur das Auto als Ganzes zeigen. Das war der erste und nun täglich von Eugenio genutzte Prototyp. Wir haben nur Instagram, das entspricht mehr unserem Stil, ein etwas anderer Kommunikationskanal halt. Und dann hatten wir diese massive Reaktion am Tag der Enthüllung des Autos und auch noch im darauffolgenden Monat. Selbst noch heute sind die Reichweite, der Zuspruch und die Kommentare, die uns erreichen, für uns unerwartet. Wir sind stolz darauf, diese Autos in Länder wie Hongkong, Japan, die USA und andere zu schicken. Das hat unsere Erwartungen übertroffen.
Gab es spezielle Wünsche für Sonderausstattungen oder Anfertigungen. Oder werden die Autos exakt so gebaut wie ursprünglich vorgesehen?
Wir verfolgten anfangs eine strikte Politik ohne eine von den großen Herstellern praktizierte Aufpreis-Strategie. Mit vielen Extras, die nur den Preis nach oben treiben. Wir halten das aus dem Blickwinkel von wirklich passionierten Autosammlern und -Besitzern für keinen wirklich ehrlichen Ansatz. Daher entschieden wir uns für ein Auto mit einem Standardpreis für alle. Lediglich mit der Option, innen wie außen eine Farbe eigener Wahl ordern und zwischen verschiedenen Materialien wählen zu können. Ausnahmen machen nur sehr ungewöhnliche Wünsche, die für uns mit Extrakosten verbunden sind.
In den letzten Monaten erhielten wir verstärkt Anfragen von Kunden, die noch mehr Teile aus Kohlefaser wünschten, zum Beispiel für den Heckspoiler – kein Problem für uns. Wir verzeichnen auch eine große Nachfrage nach sequentiellen Getrieben, wie sie damals auch in den Rallyewagen eingebaut waren. Wobei wir über diesen Punkt mit den Kunden sprechen. Um herauszufinden, ob es ihnen die Sache wert ist. Denn die Kosten für eine solche Modifikation sind hoch und ein solches Getriebe passt im Grunde auch nicht zur Philosophie des Produkts, das wir anbieten wollen – nämlich eines mit Schaltgetriebe. Daher tendieren wir dazu, keine großen Veränderungen vorzunehmen. Als uns ein Kunde bat, die Rückbank auszubauen, fanden wir eine etwas andere Lösung, ein Raum im Rallye-Stil. Doch im Grunde gibt es für einen Futurista keine Optionen.
Okay. Wenn alle Autos gebaut und ausgeliefert sind, gibt es dann Pläne, für ein Event alle Besitzer und Fahrzeuge an einem Ort zusammenzubringen?
Ja, das würden wir gerne machen. Auch, weil wir viele Autos in Europa haben, mit denen könnte man leicht etwas auf die Beine stellen. Natürlich würde das in Italien laufen, weil es einfacher ist, hier etwas zu organisieren und weil wir so viele Lieblingsplätze kennen. Zum Beispiel auf dem Land, wo Eugenio lebt, für ein sehr spezieller Ort. Die Namen aller Farben der Autos gehen auf Örtlichkeiten in seiner Nachbarschaft zurück, wie Lago Maggiore oder Monterose. Alle Farben werden inspiriert von dem, was er jeden Morgen beim Aufwachen sieht.
Ja, das ist ein netter Aspekt mit den Farbbezeichnungen. Aber lassen Sie uns kurz auch über die Pläne für einen Elektro-Sportwagen sprechen, der ja ganz offensichtlich in der Planung ist. Denken Sie, dass es jemals ein weiteres Modell im Restomod-Stil geben kann? Wie einen Alfa Romeo oder etwas in der Art?
Ich möchte nicht zu 100 Prozent ‚Nein‘ sagen, doch denke ich nicht, dass das die Richtung ist, in die wir gehen wollen. Mit dem Futurista haben wir etwas sehr Spezielles gemacht. Daher haben wir uns diesmal für eine komplett andere Vorgehensweise entschieden. Wir starten mit dem erwähnten weißen Blatt Papier und mit einem Projekt, das wirklich in die Zukunft blickt. Dazu in einem Segment, das bislang noch niemand beschickt hat, vielleicht ziehen viele Player später dann nach. Ich denke, dass unser Projekt erneut etwas sehr Spezielles ist. Aber es wird Zeit erfordern, denn wir sind wie gesagt nicht der durchschnittliche große Autobauer.
Zurück zum Futurista: Entwickelt Eugenio sein Exemplar eigentlich persönlich weiter?
Ja, absolut. Es ist ein Labor auf vier Rädern. Seit wir das Auto öffentlich gezeigt haben, haben sich viele Dinge geändert. Wir haben das Fahrzeug in vielen Punkten verbessert und die Verbesserungen in die Kundenfahrzeuge einfließen lassen. Wir haben den ersten ausgelieferten Fahrzeugen ein Update verpasst und wir verbessern die, die jetzt noch kommen, alles dank der Entwicklungen an Eugenios Modell.
Wie sieht Ihre grobe Schätzung für den Auslieferungstermin des letzten Futurista aus?
Das ist eine gute Frage. Wir sind gerade dabei, die beiden letzten Wagen der ersten Serie zu komplettieren. Das sind die Autos #9 und #10, die kurz vor der Auslieferung an die Kunden stehen. Zugleich haben wir mit der Produktion der Chassis 11-15 begonnen, in den nächsten Monaten stehen dann 16-20 auf dem Plan. Es ist schwierig, jetzt genaue Termine zu nennen, doch mit ziemlicher Sicherheit werden bis Mitte 2022 alle Wagen ausgeliefert sein.
Fantastisch. Gibt es noch etwas, dass Sie hier gerne erwähnen möchten?
Ich möchte allen unseren Followern, speziell Classic Driver, für die Unterstützung unserer Projekte danken. Das war wirklich wichtig, denn wir haben nicht viele Freunde und Partner, die wir auch im Industrieumfeld als Freunde bezeichnen würden. Doch Ihr gehört definitiv dazu, und entsprechend sind wir auch begeisterte Leser und Follower von Classic Driver!
Fotos: Tommaso Bertotti