Großer Luxus in kleinen Stückzahlen
Seine Premiere erlebte der komplett in Manufaktur hergestellte Bentley Brooklands beim Genfer Autosalon 2007. Er wurde dann von 2008 bis 2011 gebaut. Ursprünglich waren 550 Exemplare geplant, aber nur rund 430 wurden tatsächlich verkauft. Ein Grund für diesen zögerlichen Zuspruch war sicherlich die Finanzkrise ab 2008, aber auch der Preis von rund 320.000 Euro für ein Modell mit Serienausstattung schien potenziellen Käufern dann doch zu teuer.
Ein Name mit Historie
Seinen Namen bezieht dieser Bentley Brooklands von der berühmten alten Rennstrecke in der englischen Grafschaft Surrey, wo die Marke vor dem Zweiten Weltkrieg etliche Siege errang. Jedes Fahrzeug entstand in 650 Arbeitsstunden, davon entfielen allein 130 auf das Zusammenschweißen der Karosserie. Der Brooklands bietet viele spannende Aspekte, denn wie andere Modelle aus der Zeit vor der Übernahme durch VW, wie beispielsweise Azure und Continental R, besitzt er eine einzigartige Stellung in der Geschichte des Unternehmens. Blickt man noch tiefer in die Ahnengalerie Bentleys zurück, entdeckt man, dass der Brooklands viele Ähnlichkeiten zum Continental R Type von Mulliner aus den frühen fünfziger Jahren aufweist. Wie beim legendären Vorgänger handelte es sich auch hier um ein zweitüriges Coupé, das vier Personen komfortabel bei 160 Stundenkilometer reisen lies. Unglaublich? Aber wahr.
Ein echter Klassiker
In Großbritannien wurde der Brooklands von der Fachpresse sehr wohlwollend aufgenommen. Man lobte den kraftvollen Antrieb, das sportbetonte Handling, die luxuriöse Ausstattung des Interieurs und vor allem das besondere Fahrerlebnis - ein ganz entscheidendes Kriterium für Anwärter auf den Titel „Klassiker der Zukunft”. Andere gebrauchte Bentley bekommt man heute mühelos auf dem englischen Markt bereits für umgerechnet 40.000 Euro. Da stellt sich durchaus die Frage, ob der Brooklands der letzte Bentley mit wahrem Sammlerwert ist? Derek Bennett von Jack Barclay Bentley im vornehmen Londoner Stadtteil Mayfair - und einer der dienstältesten Händler weltweit - hat darauf eine Antwort: „Ich denke schon. Der Brooklands ist durch und durch ein Bentley, komplett von Hand in Crewe aufgebaut und ein Beispiel für die traditionelle Art, ein Auto zu bauen. Eben alte Schule. Ein Pre-Owned-Bentley mit geringem Kilometerstand ist meiner Meinung nach ein reelles und durchaus vergnügliches Investment. ”
Das Havana-Projekt
Der Brooklands wurde vor dem aktuellen Flaggschiff Mulsanne vorgestellt und besitzt noch den legendären, doppelt aufgeladenen L-Series-V8-Motor mit 6,75 Litern Hubraum, über 520 PS und einem fabelhaften Drehmoment von 1.050 Nm - 2008 der höchste Wert für einen seriengefertigten Achtzylinder-Benziner. Ein Superlativ, der sich überlebt hat? Möglicherweise, aber damit unterstrich Bentley auch überzeugend die Philosophie der jederzeit abrufbaren, großzügigen Kraftreserve. Allerdings verhalf das große Drehmoment dem knapp fünfeinhalb Meter langen und 2.665 Kilo schweren Grand Tourer zum Sprint auf 100 km/h in fünf Sekunden und einer Spitze von knapp 300 Stundenkilometern. Dazu meint Bennett: „Vor dem Debüt war der Brooklands intern als Havana-Projekt bekannt - vielleicht wegen seiner eleganten Zigarrenform oder weil sein Aussehen den idealen Rahmen für den Genuss einer kubanischen Zigarre bot.”
Die Argumente sprechen für sich: Der Brooklands vereint Exklusivität und die Herkunft aus einer großen Tradition. Aber mehr noch drückt er den Willen einer Marke aus, mit sportlichem Luxus zu beeindrucken, während der Rest der Autobranche sich auf magere Jahre einstellte. Als Beispiel für Handwerkskunst und Können der Ingenieure hat er seinerzeit Maßstäbe gesetzt, die noch heute zu begeistern vermögen. Für Classic Driver überzeugt der Brooklands zugleich als Exponent vergangener Glorie wie als technische Meisterleistung.
Fotos: Michael Bailie for Classic Driver Bentley Brooklands book