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Mercedes-Benz G63 AMG 6x6: Wir können auch anders

Es gibt Momente im Leben, da sind vier Räder einfach nicht genug. Auf Bergtour durch’s wilde Engadin – mit dem unglaublichen Mercedes-Benz G63 AMG 6x6.

St. Moritz gilt als mondänste Wintermetropole der Welt. Hier trifft sich Jahr für Jahr die internationale Hautevolee, um zwischen Cresta Run und Gunter Sachs’ legendärem Dracula Club das gute Leben in vollen Zügen zu genießen. Wer es sich leisten kann, fliegt mit dem Helikopter oder gleich im Privatjet ein. Sehr glamourös, sicherlich, aber auch ein bisschen langweilig. Wir haben uns entschieden, die wilden Bergwelten des Engadins in diesem Winter einmal anders zu erobern. Auf dem direkten Landweg. Über Berg und Tal, Stock und Stein, durch Eis und Tiefschnee. Und auf eigener Achse – genauer gesagt: Auf drei Achsen.

Die Monster-G-Klasse aus Down Under

Bisher war eine sechsrädrige Mercedes-Benz G-Klasse nur beim australischen Militär im Einsatz, um schwere Lasten durch’s Outback zu transportieren. Eine Maschine, gebaut für echte Männer, die sich abends den roten Staub mit Whisky aus den Augen waschen. Doch nun hat Mercedes-AMG die Monster-G-Klasse aus Down Under tatsächlich ins zivile Programm aufgenommen. Als streng limitierten Kleinserien-Pickup. Mit hartgesottener Rallye-Technik. Und 544 monumentalen PS! Noch beeindruckender als die Leistung des Biturbo-V8 ist allerdings die physische Erscheinung des Mercedes-Benz G63 AMG 6x6: Wie ein Wesen aus einer anderen Zeit dröhnt und brüllt das schwarze Getüm auf unserer Fahrt durch kleine Graubündner Dörfer, Kühe flüchten panisch, Mütter halten ihren Kindern die Augen zu. Kämen noch King Kong und Godzilla hinzu, das monströse Trio wäre perfekt.

Offizierskasino auf sechs Rädern

2,30 Meter hoch, 2,10 Meter breit, 5,87 Meter lang – andere SUVs auf dem Weg in die Winterfrische wirken wie Spielzeug neben dem Geländekoloss aus Affalterbach. Doch hat man erst einmal in Trucker-Manier das Cockpit erklommen – der Abstand vom Boden ist dank der fast meterhohen Offroad-Reifen gewaltig –, wähnt man sich plötzlich in einer anderen Welt: Im Inneren des sechsrädrigen Gelände-Monsters hat AMG ein wohl temperiertes Offizierscasino aus Alcantara und Carbon eingebaut, vier elegant belederte, beheizbare und belüftete Einzelsitze schaffen First-Class-Atmosphäre. Auf einem großen Farbdisplay kann man die Topographie der Bergwelt verfolgen. Und nur die Reifendruckregelanlage über dem Rückspiegel erinnert mit ihren roten Sicherheitsknöpfen daran, dass man mit semi-militärtechnischem Gerät unterwegs ist.

Wenn der Postbus zweimal hupt

Ein leichter Tritt auf’s Gaspedal genügt jedoch, um die mentale Komfortzone zu verlassen: AMGs gewaltiger 5,5-Liter-V8-Biturbomotor schiebt mit 760 Newtonmetern brutal nach vorn, eine Siebengang-Automatik gibt automatisch Zwischengas – und wäre da nicht der Postbus, der uns in einer der Serpentinen in Richtung des Julierpasses wild hupend entgegenkommt, wir hätten glatt die Dimensionen unseres überdimensionierten Sportwagens vergessen. Zeit also, die öffentlichen Straßen zu verlassen und die Fähigkeiten des „großen G“ herauszufordern. Auf Wüstensand, wo ein Großteil der AMG-Kunden schließlich zuhause ist, lässt sich der Luftdruck der Reifen in nur 20 Sekunden von 1,8 auf 0,5 bar reduzieren, bis der Fußabdruck des 3,85 Tonnen schweren Sechsachsers dem eines Menschen entspricht. Die vier 20 Liter großen Druckbehälter hinter den Rädern kann man beim Auf- und Ab der Geländefahrt bestens bewundern. Beadlock-Räder sorgen zudem dafür, dass der Gelände-Gummi nicht von der Felge rutscht.

Tiefschnee statt Dünen

Auf den verschneiten Forstwegen, über die wir durch dunkle Arvenwälder immer weiter hinauf traversieren, kommt uns derweil vor allem die Bodenfreiheit von fast einem halben Meter zupass: Die Portalachsen, bei denen sich die Räder deutlich unter der Achsmitte befinden, hat sich AMG ebenfalls vom Militär abgeschaut. Selbst kleine Felsen unter der Schneedecke sind somit kein Problem, die Öhlins-Gasdruckstoßdämpfer plus Federn aus dem Rallye-Bedarf fangen zudem jeden Stoß komfortabel ab. Selbst im Tiefschnee abseits der befestigten Wege helfen uns schließlich die fünf Differentialsperren, die Traktion nicht zu verlieren. Selten waren wir so souverän im Gelände unterwegs. Den Stresstest der beeindruckenden Wattiefe von einem Meter in einem der eisigen Gebirgsbäche ersparen wir uns dennoch – die Bachforellen werden es uns danken.

„Das Biest von St. Moritz“

Auf die Offroad-Offenbarung am Julier folgt die Einführung des sechsrädrigen Biests in die hochwohlgeborene Gesellschaft von St. Moritz. Nass und dreckig von unserem Abenteuer rollen wir vor dem Badrutt’s Palace ein. Fast wünscht man sich ein Hydrauliksystem herbei, um den Schmutz der Wildnis wie ein Hund abschütteln zu können. Aber auch so ist das schwere Gerät aus Affalterbach ein Schocker für’s Jetset-Selbstverständnis der Wintergäste. Selbst der Rolls-Royce des Hotels wirkt plötzlich recht schmalbrüstig und die livrierten Garagenmeister, sonst von beflissener Gleichgültigkeit, zücken ihre Foto-Handys und beäugen ungläubig die gewaltigen Stollenreifen. Allein aufmerksamkeitsökonomisch hat sich die Investition von mehr als 400.000 Euro also gelohnt. Stellt sich nur die Frage, wie man diesen Auftritt im kommenden Jahr noch überbieten soll. Der geländetaugliche Daimler-Gelenkomnibus mit AMG-Treatment ist wahrscheinlich nur noch eine Frage der Zeit.

Fotos: Jan Baedeker

Die Mercedes-Benz G-Klasse finden Sie im Classic Driver Markt.