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Audi A6 Allroad: Treffen der Generationen

Seit wenigen Monaten ist der Audi A6 Allroad der dritten Generation lieferbar. Classic Driver verglich die Achtzylinder-Version der Erstausgabe von 2003 mit dem aktuellen 3,0 TFSI.

Beim Erscheinen des Quattro-Antriebs im Jahr 1982 warnte die Betriebsanleitung noch vor dem Befahren unbefestigter Pisten. Der damals neuartige Allradantrieb sei zwar traktionsstark, aber die Bodenfreiheit des Audi Quattro reiche für Geländepassagen einfach nicht aus. 18 Jahre später war davon nicht mehr die Rede. Mit der Präsentation des Audi A6 Allroad im Jahr 2000 bekam der Quattro-Antrieb endlich das Fahrwerk beiseite gestellt, was ihn zum echten Partner für dick und dünn machte.

Im A6 Allroad Typ C5 sorgt ein vierfach in der Höhe verstellbares Luftfederfahrwerk für die nötige Distanz zum Boden. Ein Schalter in der Mittelkonsole bietet die Möglichkeit, den Kombi auf Knopfdruck auf bis zu 20,8 Zentimeter in die Höhe zu liften und so Geländeeinsätze zu meistern, die weit über dem Niveau einer simplen Buckelpiste liegen. Die erforderliche Traktion besorgt ein permanenter Allradantrieb mit einem selbsttätig sperrenden Mitteldifferential. Manuelle Sperren sucht man dagegen im Audi Allroad vergebens, hier behilft sich Audi mit dem Abbremsen des jeweils durchdrehenden Rades. Wer der Geländewagenromantik von einst gänzlich abschwören will, greift zum Fünfgang-Automatikgetriebe, während den Puristen ein Sechsgang-Schaltgetriebe mit einer Geländereduktion namens Low Range ausreicht. Beide Getriebe sind sowohl mit dem 2,5 Liter V6 TDI oder dem 2,7 Liter V6 Biturbo Benziner kombinierbar.

 

Audi A6 Allroad: Treffen der Generationen
Audi A6 Allroad: Treffen der Generationen Audi A6 Allroad: Treffen der Generationen

Diese beiden Motoren sind dann auch bis zum Modelljahr 2003 das Hauptärgernis im Allroad. Der 180 PS starke Diesel ist in dem 2,0-Tonnen-Auto einfach zu schwach und gibt sich defektanfällig (eingelaufene Nockenwellen, Turboladerschäden und defekte Einspritzpumpen). Dazu gesellt sich eine unbefriedigende Laufkultur sowie eine Geräuschentwicklung, die die unmittelbare Nähe des Allroad 2,5 TDI zu einem landwirtschaftlichen Arbeitsgerät vermuten lässt. Der seidenweich laufende V6-Benziner hat mit 250 PS zwar genug Kraft, leidet aber unter dem für Turbomotoren typischen Leistungsmangel im unteren Drehzahlbereich sowie unter einer zügellosen Trunksucht. Abhilfe, zumindest in Sachen Leistung und Laufkultur, bringt erst der 4,2 Liter V8 aus dem Audi S4 mit 300 PS. Ein Motor, wie Sand und Seide. Sonor im Sound, dynamisch im Antritt und mit einer nicht enden wollenden Durchzugskraft. Auf der Straße gibt der A6 Allroad 4,2 l den Sportwagen, der mit zackigem Einlenkverhalten durchaus zum Kurvenräubern taugt und bei Bedarf immerhin 240 km/h schnell ist. Im Gelände wird aus dem optisch attraktiven Kombi mit den markanten Dachrippen dann ein veritabler Kletterer.

 

Neuauflage ohne Charme

 

Audi A6 Allroad: Treffen der Generationen
Audi A6 Allroad: Treffen der Generationen Audi A6 Allroad: Treffen der Generationen

Auf Basis des aktuellen A6 kann der Allroad 2012 nur schwer mit dem exklusiven Flair des Urahnen mithalten. Zwar gibt es objektiv an dem Design des ebenfalls mit einem verstellbaren Luftfederfahrwerk ausgerüsteten 3,0 TFSI nichts auszusetzen, doch ein paar Alublenden an Front und Heck sowie „Allroad“-Einstiegsblenden entfachen eben kein Begeisterungsfeuerwerk. Dafür kann der Kombi mit unerschütterlicher Solidität punkten. Vorbei die Zeiten, in denen bereits kopfsteingepflasterte Straßen die gesamte Karosserie in Unruhe versetzen konnten und im Innenraum ein Konzert aus klappernden, knarzenden und quietschenden Kunststoffteilen herrschte. Im aktuellen Modell wird der Innenraum dagegen zum Wohnzimmerkonkurrent mit angekoppeltem Konzertsaal. Edles, in Edelstahlrähmchen gefasstes Schichtholz, filigran ausfahrende Hochtöner des B&O-Soundsystems und Passungen der Verkleidungen im Micromillimeterbereich rechtfertigen den Ausdruck „Premium“ und sind definitiv zu schade für rustikale Matsch-Einsätze.

 

 

Audi A6 Allroad: Treffen der Generationen
Audi A6 Allroad: Treffen der Generationen Audi A6 Allroad: Treffen der Generationen

Im Gelände zählt dieser Wohlfühlfaktor nur wenig. Eine Chance für den V8-Urahnen. Der prescht mit gutturalem Sound überall da voran, wo der aktuelle Allroad sich noch mit allen Vieren eingräbt. Ein Druck auf den ESP-Taster und die Spaßbremse ist aus. Dann wedelt der V8 mit dem Heck, kommt Fahrspaß fördernd, auch mal quer ums Eck und lässt sich dank sportwagenmäßigem Ansprechverhalten mit dem Gaspedal lenken. Keine Frage, in Sachen Fahrvergnügen setzt der Allroad 4,2 l die Maßstäbe. Gänzlich anderer Natur dagegen der 3,0 TFSI. Ihm fehlt die jugendliche Leichtigkeit, wenn er wie ein Schiff in schwerer See durch die Sandlandschaft wälzt. Sicher, Gelände kann er auch, aber bitte nur langsam und nur wenn es sein muss. Doch auch, wenn es nur um das reine Durchkommen geht, kann sich der Ur-Allroad behaupten. Der Grund liegt in den unterschiedlichen Getriebeausführungen. Denn der Wandlerautomat des 4,2-Liter-Modells lässt butterweiches Anfahren auf losen Untergrund zu, während die S-Tronic des 3,0 TFSi zu hart einrückt und die Räder trotz Zurückhaltung am Gaspedal durchdrehen. Schuld daran ist nicht zuletzt auch sein Sechszylindermotor. Der hat dank Kompressor, Audi nennt das Auflademodul, zwar 313 PS, schickt diese aber erst nach nachdrücklicher Aufforderung an die Räder. Das ist dann nicht selten zu viel des Guten, was unter Umständen den Anfang vom Steckenbleiben einleitet.

 

Nicht für schmale Brieftaschen

Audi A6 Allroad: Treffen der Generationen

Mit dem Verzicht auf zwei Zylinder soll laut Audi auch der Durst des neuen Allroad schwinden. Ein Ansatz, der sich in der Praxis nur bedingt nachvollziehen lässt. Zwar hat der 3,0 TFSI eine Start-Stopp-Anlage mit an Bord, doch sobald die Leistung abgefordert wird, vergisst der Kompressormotor seine guten Sitten und genehmigt sich rund 15 Liter. Dass es noch einmal deutlich ungezügelter zugehen kann, beweist der V8. Unter 15 Liter geht nichts, darüber bereitet man besser den Mantel des Schweigens. Dass er zudem nur über einen mickrigen 70-Liter-Tank verfügt, macht die Sache nicht wirklich besser. Doch am Ende des Tages bleibt der nur 2.500 Mal gebaute Exot der Favorit in diesem ungleichen Vergleich. Wohl auch, weil er wohl der letzte seiner Art ist, der so unverschämt sündig durch seine Auspuffrohre bollern darf.



Fotos: Jan Richter

Audi-Allrad-Ikonen im Classic Driver Markt.