Der Name Matt Hummel sagt Ihnen nichts? Aber wenn Sie die sozialen Medien verfolgen, dann haben Sie bestimmt schon Bilder seines vom Wetter gegerbten, sonnengebleichten und durch und durch patinierten Porsche 356 gesehen, denn dass dieses Auto ein Star auf Instagram ist, kommt schon fast einer Untertreibung gleich. Wer hat schließlich noch nicht die Abenteuer des Hummel-356 verfolgt? Spätestens als wir erlebten, wie dieser Porsche über Bergpässe geschunden und durch dichte Wälder, staubige Pisten und Salzwüsten getrieben wurde, war klar, dass wir diesen Mann hinterm Steuer unbedingt kennenlernen wollten. Also schickten wir Rémi Dargegen nach Kalifornien, um den König der Patina-Porsche zu besuchen. Wir waren neugierig, ob der Mann ein echter Wahnsinniger ist oder wieder nur ein aufwändig inszeniertes Social Media-Phänomen. Nur soviel: Matt Hummel hat uns nicht enttäuscht!
Was ist Ihre früheste Erinnerung an Autos?
Ich muss drei oder vier Jahre alt gewesen sein, als meine Eltern mir das Harrah Auto Museum in Reno im Bundesstaat Nevada zeigten -Sie können sich vorstellen, dass ich vor Begeisterung fast wahnsinnig wurde. Ich erinnere mich, dass ich von Reihe um Reihe historischer Fahrzeuge gefesselt war und bei jedem Auto brüllte: „Schaut mal den an!” In diesem Moment habe ich mein Herz restlos an alte Autos verloren - Danke, Harrah!
Als ich älter wurde, habe ich eine imaginäre Welt mit meinen Modellautos aus Metall, den Diecast Cars, erschaffen. Ich ließ meine kleine Autosammlung schnell fahren, manchmal gab es auch einen Crash und sie würden brennen. Aber ich hatte ja auch mein Notfallteam, meinen Abschleppwagen und dann noch mit dem Schrottplatz meinen Lieblingsort. Ich habe auch Zeit verbracht, meine Autos für ihre Rolle zu optimieren - mit Hilfe von Hammer und Zündhölzern (wovon meine Eltern nichts wussten), um eine nicht ganz perfekte Welt von kleinen Autos zu kreieren, in der ich zufrieden und glücklich war. Ich habe immer noch eine Schachtel mit diesen Modellen, und ja, einige davon sind Porsche und völlig zerkratzt.
Was war Ihr erstes Auto?
Als ich noch ziemlich jung war, schlich ich mich öfters weg und fuhr im Volvo-Kombi meiner Mutter umher - danach gab es immer Ärger zuhause. Aber wie man mit einem Schaltgetriebe umgeht, habe ich im Porsche 914 meines Vaters gelernt. Daher stammt vielleicht auch meine Zuneigung zu dieser Marke: Ich hörte den charakteristischen Klang dieses luftgekühlten Motors und wusste, dass mein Vater gerade in diesem merkwürdigen Auto ankam oder wegfuhr. Mit 16 habe ich mir mein erstes eigenes Fahrzeug gekauft. Es war ein VW-Stufenheck von 1964.
Hat Ihre Leidenschaft für Porsche Ihr Leben verändert?
In mir gibt es diese Passion für alte Porsche, die auch meine Art zu Leben beeinflusst hat. Ich habe das Stadtleben aufgegeben, um mir auf dem Land eine Umgebung zu ermöglichen, wo ich meine Modelle um mich haben könnte und noch Platz genug für weitere - inmitten alter Porsche. Über die Jahre hat sich meine Leidenschaft für klassische Autos, vor allem Porsche, aber auch verändert. Ich denke, dass ich sie ursprünglich wie Objekte betrachtet habe und übersah dabei schlicht, dass es sich um Autos handelt, die gefahren werden wollen. Als ich mich dann weniger auf die optische Perfektion und mehr auf das Erlebnis des Fahrens konzentrierte, dann erst entdeckte ich, dass in mir ein echter 356-Besitzer gereift war.
Im Lauf der letzten Jahre avancierte Ihr Porsche 356 zum Instagram-Star - mehr noch als sein Besitzer. Ist das für Sie eine positive Entwicklung?
Durch die ganze Aufmerksamkeit für den 356 konnte ich das Fahrzeug zum Hauptdarsteller seiner eigenen Geschichte machen. Er hat seine eigene Agenda. Ich bin nur dieser Schatten, der ihn mit bestem Kraftstoff versorgt und den Ölwechsel vornimmt. Mit den Fotos und den abenteuerlichen Ausfahrten haben wir ein einzigartiges Erlebnis geschaffen, das den Charakter des 356 verkörpert und ihm zugleich ein ganz neues Leben geschenkt hat. Ich bin sehr stolz auf diesen kleinen 356 und wir haben gemeinsam eine unglaubliche Reise unternommen. Ich kann jedem, der einen Porsche besitzt, nur ans Herz legen, eine ganze persönliche Reise zu wagen. Auf was warten Sie? Glauben Sie nicht, dass Sie nur deswegen cool sind, weil Sie einen besitzen. Sie sind nicht cool, aber Ihr Porsche ist es.
Sie sind mit Ihrem 356 nicht ausschließlich für Fotoshootings unterwegs - er ist auch Ihr Alltagsauto. Wie reagieren die Menschen auf diesen Porsche?
Wenn ich diesen Porsche als Daily Driver benutze, dann wird jede Fahrt zum Abenteuer - Menschen lächeln und winken und wollen sich gleich mit mir unterhalten. Ich fühle mich allem, was um mich herum geschieht, viel verbundener. Ob man sich durch normalen Verkehr schnell voran wuselt, anderen die Vorfahrt nimmt, sogar auf dem Bürgersteig fährt - man kann sich in einem 356 einfach alles erlauben. Zumindest fühlt es sich so an. Dieser 356 ist der ideale Kandidat für „drive it like you stole it”. Man muss jede solche Gelegenheit ergreifen als hätte man ein kostbares Stück Zeit gestohlen, so eine Chance bietet sich vielleicht nie wieder.
Was entgegnen Sie den Menschen, die finden, dass es eine Schande ist, wie Sie diese kostbaren Autos bewegen?
Wenn ich Sie wäre, würde ich Ihren 356 nie so behandeln, wie ich das praktiziere, weil ich nicht für die potenziellen Kratzer und Dellen verantwortlich gemacht werden möchte. Spaß haben ist kein einfaches Unterfangen - das sollten Sie wirklich mir überlassen. Lehnen Sie sich zurück und schauen zu, im Wissen, dass Ihr 356 sicher in der Garage parkt. Es wäre doch wirklich schade, wenn Sie realisierten, wie dynamisch diese kleinen 356 von ihren Entwicklern ausgelegt worden waren. Aber Sarkasmus beiseite, ich fühle mich sehr sicher in meinem 356. Durch das viele Fahren habe ich auch eine Menge über dieses Modell verstanden. Ich war entschlossen, dass Potenzial dieses Autos zu erleben - wir haben uns gemeinsam immer ein Stück mehr angetrieben, die Grenzen ausgelotet. Komischerweise erhielt ich die zweitgrößte Delle, als das Auto auf dem Parkplatz stand. Man kann sein Fahrzeug nicht umfassend schützen, es sei denn, es wurde in ein Museum gesperrt.
Es wäre jetzt für mich sehr einfach, Menschen zu tadeln, die fahrbereite 356er als Beauty Queen-Investments betrachten, denn das hat zur Folge, dass immer weniger Interessenten die Gelegenheit bekommen, einen alten Porsche zu fahren. Kümmern Sie sich um den Rost, bauen Sie den Motor neu auf, aber lassen Sie doch dieses Auto so leben, wie man es sich seinerzeit im Werk vorgestellt hat. Für mich ist es schrecklich, wenn jemand einen alten Porsche voller ehrlicher Gebrauchsspuren und erfüllt von seinem zeitlosen Charakter auseinander baut.
Könnten Sie sich von Ihren 356 überhaupt trennen?
Ja, ich würde ihn verkaufen. Ich mag Veränderung - vor allem, wenn sie beiträgt, neue Erfahrungen zu finanzieren. Aber wie alle mitbekommen haben, sind die Preise für klassische Porsche dramatisch gestiegen und damit ist auch die verfügbare Zahl am Markt geschrumpft. Einige meiner Träume werden jetzt wohl nicht mehr in Erfüllung gehen, aber ich werde trotzdem nicht aufhören, zu suchen! Also, wenn ich den richtigen Käufer finde, verkaufe ich - aber nicht gleich. Ich hatte ein paar ernstgemeinte Angebote, die ich aber abgelehnt habe. Vielleicht hätte ich diesen 356 doch verkaufen sollen. Aber hier passiert gerade etwas, das für mich wertvoller als alles Geld ist. Ich habe mich mit diesem 356 auf einen Weg begeben und bin entschlossen, dieses Projekt zu Ende zu bringen. Ich habe einen Plan, den ich bald realisieren möchte. Dann bin ich vielleicht bereit, ihn abzugeben. Und wenn dieser Tag da ist, dann hoffe ich, der neue Besitzer möge ebensoviel Freude an diesem Porsche haben wie ich.
So, wie Sie Ihren Porsche 356 fahren, brauchen Sie bestimmt immer wieder Ersatzteile -ist Ihr Teileinventar eine Notwendigkeit oder Teil des Vergnügens?
Ungefähr vor 15 Jahren wurde mir klar, dass ich alte Porsche 356 der fünfziger Jahre für den Rest meines Lebens besitzen und fahren wollte. Aus dieser Einsicht folgte, dass ich eine Umgebung schaffen musste, um diese Leidenschaft künftig zu unterhalten. Mir schwante, dass die alten Ersatzteile nicht ewig irgendwo herumliegen würden und, dass ich so viele wie möglich aufkaufen sollte. Wenn ich also ein Teil in der Zukunft brauchen würde, musste ich es nur noch vom Regal nehmen! Möglich, dass ich nicht einmal die Hälfte davon brauchen würde, aber diese Komponenten verbinden mich ebenfalls mit meiner Leidenschaft. Als ich mein Coupé, Baujahr 1956, fand, fehlten eine Reihe der ursprünglichen Werksteile, aber zum Glück hatte ich einiges aus dem Jahr im Lager vorrätig. Ich denke, es ist die Verbindung aus diesen nicht ganz so makellos perfekten Teilen in diesem nicht ganz perfekten Porsche, die ihn so umwerfend cool machen.
Was ist für Sie der ultimative Porsche?
Ein Porsche 356 Coupé von 1950. Ich wüsste gar nicht, was ich anfangen würde, hätte ich tatsächlich ein frühes Coupé mit der geteilten Scheibe - dieses Modell beschäftigt mich wirklich sehr. Oder ein 356A T1-Coupé mit vier Nockenwellen. Oder ein T2. Ein 904 müsste auch dabei sein. Darf ich mehr als einen haben?
Fotos: Rémi Dargegen für Classic Driver © 2018