Die Zeit hat definitiv geschlagen für die Supersportwagen der späten 1970er und 1980er Jahre: Die großen Helden wie Ferrari F40, Lamborghini Countach und Porsche 959 haben auf Auktionen bereits Millionen einbracht. Doch wie steht es um den legendären BMW M1? Schließlich hat dieser BMW alles, was es braucht, um in den elitären Kreis der Millionäre aufgenommen zu werden. Schon als der Über-BMW 1978 auf dem Pariser Autosalon enthüllt wurde, als Homologationsmodell seines Gruppe-4-Bruders, stand das Messepublikum Kopf. Nicht etwa Porsche, sondern BMW präsentierte hier den schnellsten Sportwagen Deutschlands (264,7 km/h), der mit feinster Rennsporttechnik ausgestattet war – dazu zählte der legendäre M88-Motor mit Trockensumpfschmierung – und obendrein einen leichten, italienischen Maßanzug trug, erdacht bereits 1972 von Paul Barcq, nun zeitgenössisch verfeinert von Giorgio Giugiaro.
Das Märchen, das nicht wahr werden wollte
Das BMW-M1-Märchen klang damals wie heute zu gut, um wahr zu sein. Daher musste es vermutlich auch passieren, dass den Bayern kurz vor dem Produktionsstart der Montage-Partner Lamborghini absprang und die 400 geforderten Exemplare innerhalb von 24 Monaten an verschiedenen Standorten zusammengepuzzelt werden mussten, um die Homologation in der Gruppe 4 zu erhalten. Letztlich kam der M1 in der Gruppe 4 nicht ernsthaft zum Zug, dafür in der Gruppe 5 mit bis zu 1.000 PS starkem Biturbo-Sechszylinder und in der amerikanischen IMSA-GTO-Serie. Und dann waren da natürlich noch die gefeierten Procar-Rennen – eine Serie, die einzig für den M1 erschaffen wurde, um dem Rennwagen schneller auf die Rennstrecke zu helfen. Niki Lauda, Mario Andretti, Hans-Joachim Stuck, Nelson Piquet, Jacques Laffite, Bruno Ciacomelli, Toine Hezemans, Dieter Quester oder Elio de Angelis saßen in diesen Auftaktrennen der Formel 1 hinter’m Steuer der M1 Procars und feierten den bayerischen Mittelmotorrennwagen.
Ein BMW braucht Zeit
Sicherlich war die Rennsportgeschichte des M1 von Rückschlägen geprägt, doch ist das der Grund dafür, dass der M1 noch vergleichsweise günstig zu haben ist? Jan B. Luehn, der auf das Geschäft mit klassischen Rennwagen spezialisiert ist und aktuell ein BMW M1 Procar im Angebot hat, hält es nur eine Frage der Zeit ist, bis der M1 aufholen wird. „Supercars der 1980er liegen mehr und mehr im Trend, vor allem bei einer jüngeren Käuferschicht“, erklärt Lühn. „Das zeigen die Preisentwicklungen bei Ferrari F40 und Porsche 959. Für mich sind es die Klassiker von Morgen, die sehr viel Fahrspaß kombiniert mit überschaubarer Technik bieten. Der M1 ist in meinen Augen eine Stilikone und einer der wenigen BMW, die auch ernsthafte Sammler ansprechen.“
„Wenn eine Marke weniger populär ist, dauert es immer länger, bis der Markt reagiert“, meint der Genfer Classic-Car-Consultant Simon Kidston und vergleicht BMW hierbei mit Ferrari, Lamborghini oder Porsche. „Doch wer bei seiner Geburt ein Star war, wird auch irgendwann wiederentdeckt“, fügt Kidston hinzu, der schon Anfang 2014 den Lamborghini Countach als Big Seller des Jahres prognostizierte – und Recht behielt. „Ich denke, dass der BMW M1 einen stetigen Wertzuwachs erfahren wird, er war seinerzeit schließlich BMWs Antwort auf die Supersportler von Ferrari und Lamborghini und zudem seltener als die meisten seiner Rivalen. Für mich ist der BMW M1 die Alternative des schlauen Mannes.“
Die rare AHG Studie
Fragt man die Experten, worauf man achten sollte, wenn man in einen M1 investiert, so lautet die Prämisse wie so oft: Original muss er sein! Doch was bitte ist dann dieses Fotomodell? Der hier gezeigte BMW M1 kommt bei RMs Flaggschiff-Auktion Mitte August in Monterey zum Aufruf und ist keine Rennversion, wie man vermuten könnte. Der Zusatz „AHG Studie“ ist das Werk von Peter Gartemann, dem damaligen Geschäftsführer der BMW Niederlassung AHG. Als die Rennserie 1982 auslief, hatte Gartemann die clevere Idee, ein Individualisierungsprogramm zu entwickeln, das dem Straßen-M1 den Look des Procars verlieh. Auch unter dem Kleid wurden Modifikationen vorgenommen, unter anderem eine Leistungssteigerung von 277 auf über 350 PS. Es waren nur sehr wenige Kunden, die sich den sündhaft teuren Umbau leisten konnten, schließlich kostete ein M1 ab Werk schon 100.000 D-Mark. Entsprechend wurden nur 10 BMW M1 AHG Studie gebaut.
RMs Exemplar ist eines davon. Es befindet sich in authentischem Zustand und hat nur 7.000 Kilometer gelaufen. Alexander Weaver von RM Auctions verriet uns, das der M1 mit einem Schätzpreis von 600.000 bis 800.000 US-Dollar ins Rennen geht – damit liegt er übrigens preislich etwa auf dem Niveau der tatsächlichen Rennversion. Auch Weaver ist überzeugt davon, dass die Stunde für Supercars wie der M1 geschlagen hat. Die Generation, bei der Ende der 1970er, Anfang der 1980er Jahre Sportwagen wie Porsche 930 Turbo, Ferrari 512BB oder der Lamborghini Countach als Poster über den Betten hingen, haben ihren eigenen Geschmack entwickelt und sind heute soweit, sich ihre Ikone tatsächlich leisten zu können.
Ist 2014 also die letzte Gelegenheit, den BMW M1 günstig zu erwerben? Jan B. Lühn resümiert, dass seit Anfang 2013 ein deutlicher Wertzuwachs stattgefunden hat und dieser noch einmal an Fahrt aufnehmen wird. Wenn man bedenkt, dass nur 399 Straßen-M1 und 46 Rennwagen gebaut wurden und viele davon bereits in großen Sammlungen schlummern, scheint das Potenzial des BMW M1 jedenfalls noch lange nicht erschöpft.
Fotos: RM Auctions