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Explodieren nun endgültig die Preise für luftgekühlte Porsche 911 Turbo?

Wer heute einen klassischen Porsche 911 Turbo kauft, muss schon tief durchatmen, bevor er den Scheck auf den Tisch legt. Vor allem die jungen luftgekühlten Generationen sind auf einmal überraschend teuer. Wir befragten Experten zum plötzlichen Turbo-Hype.

Eigentlich hätten wir die neue Motoren-Strategie von Porsche zum Anlass nehmen können, um der aussterbenden Saugmotor-Spezies neues Investmentpotential zu attestieren. Doch so schnell dürfte sich der Tod des klassischen Carreras, wenn er denn tatsächlich so eintritt wie prophezeit, nicht auf seinen Sammlerwert auswirken. Und während sich Enthusiasten vielleicht gerade darüber schwarz ärgern, dass bald jeder Porsche 911 das Kürzel "Turbo" tragen könnte, werden die luftgekühlten Exemplare dieser Gattung gerade richtig teuer. Ein Blick ins Angebot des bevorstehenden Auktionsfestivals in Amelia Island genügt: Ein seltener Porsche 993 Turbo S (oben im Bild), der wahrscheinlich einzige im Fabton "Ocean Jade Metallic", soll bei Gooding & Co. stolze 325.000 bis 400.000 US-Dollar einbringen. Das sind beim aktuellen Wechselkurs 300.000 bis 370.000 Euro! Und einer von weniger als 1.500 gebauten 964 Turbos – der gelbe unten im Bild – steht für 300.000 bis 350.000 Dollar im Katalog.

Die besten Turbos aller Zeiten

Wir haben Experten gefragt, warum diese luftgekühlten Turbos plötzlich so teuer sind - und bei ihrer rasanten Wertentwicklung teilweise schon den Ur-Turbo, den Porsche 930, überholt haben. "Der 911 Turbo 3.3 mit Vierganggetriebe wurde zwischen 1978 und 1988 nahezu unverändert gebaut" erklärt Josh Sadler vom Porsche-Spezialisten Autofarm aus Oxfordshire. "Es sind also vergleichsweise viele Exemplare auf dem Markt, von denen nicht wenige mittlerweile ein Rostproblem haben. Das kann schnell teuer werden!" Erst die späteren Generationen des 964 und 993 Turbo waren verzinkt und daher weniger rostanfällig – außerdem technisch ausgereifter und leichter zu fahren. "Gerade der 993 Turbo war alltagstauglicher und dank zweier Turbolader stets leistungsbereit, während die vorigen Baureihen beim Antritt noch unter ihrem Turboloch litten", sagt Philip Raby von der gleichnamigen Firma für Porsche Brokerage und Consultancy im englischen West Sussex. "Durch den Allradantrieb ließ sich die Kraft zudem besser auf die Straße bringen." Mehr oder weniger befreit von derart technischen Kriterien und Kritiken ist der "Ur-Turbo" der Siebzigerjahre. Der zwischen 1974 bis 1977 gebaute 911 Turbo 3.0 ist allein schon deshalb wertvoll, weil er der Ursprünglichste ist. Porsche-Händler Dino Pannhorst berichtet, dass auch die frühen Turbos preislich mittlerweile stark anziehen.

Doch welches sind überhaupt die begehrenswertesten Turbos aller Zeiten? Für Dino Pannhorst sind es die seltenen Porsche 964 Turbo S und 993 Turbo S. Josh Sadler hingegen würde einen gut gereiften 1975er Turbo 3.0 bevorzugen. "Schon als er erschien, war er state of the art", schwärmt der Brite. Philip Raby unterstreicht, dass ein 911 Turbo mit seinem besonderen Look von Anfang an das wahre Poster-Auto unter den 911ern war. "Das ist es auch, was den Turbo abgesehen von der Performance für viele begehrenswerter macht, als einen Carrera", meint Raby.

Die nächste Generation

Von den neuzeitlichen Turbos mit Wasserkühlung verkaufte Porsche viel größere Stückzahlen. Außerdem gilt zumindest der 996 nicht gerade als Liebling im 911er-Stammbaum. Trotzdem fragen sich viele Sammler momentan, ob und wann es sich lohnt, in einen der modernen Generationen zu investieren. Ja, es lohnt sich, da sind sich unsere Befragten einig. Aber: Große Preissprünge sind noch nicht zu erwarten, zumindest nicht beim 997 Turbo. Raby sieht das Potential des 996 Turbo schon jetzt: "Die Leute sind aufgewacht und haben erkannt, dass dieser 911 Turbo – zum aktuellen Preis – ein großartiges Auto ist. Gute, gewartete Exemplare erzielen bereits anständige Preise, weil sie immer seltener werden."

Auf unsere Frage, ob die Zukunft von Porsche Auswirkungen auf den Markt der noch jungen Turbo-Generationen hat, antwortet Dino Pannhorst: "Ich denke, der Kundenkreis für das ursprüngliche Porsche-Konzept wird sich weiterhin vergrößern. Viele meiner Kunden können sich mit einem modernen Porsche nicht mehr identifizieren. Es sind vor allem die werksleistungsgesteigerten Turbos, die eine positive Wertentwicklung versprechen."

Preissprung bei klassischen Porsche

Seit 2014 ist - laut den Automobilanalysten der Historic Automobile Group International, kurz HAGI - für Porsche generell ein positiver Trend im Markt hochpreisiger Sammlerfahrzeuge über 100.000 Euro zu erkennen. Historische Porsche legten 2014 um rund 32 Prozent zu, während Ferrari-Klassiker nur rund 17 Prozent gewannen. 2013 war die Entwicklung noch anders herum gewesen, mit einer Preissteigerung von 62 Prozent bei Ferrari und "nur" 24 Prozent bei Porsche. Wie die Zahlen für 2014 belegen, zeigt sich das geringere Preisniveau der Porsche-Modelle verglichen mit denen anderer Marken inzwischen als Vorteil. Für Porsche-Sammler, die Ihr Fahrzeug noch sportlich bewegen wollen, zählt aber auch deren robuste Einsetzbarkeit. Die Turbomodelle von Porsche profitieren von diesem Trend. 

Fotos: RM Sotheby's, Bonhams, Gooding & Co.

Porsche 911 Turbo aller Baujahre finden Sie im Classic Driver Markt.