Ein wie immer sehr engagierter Hammerschwinger Max Girardo hatte den Verkaufsraum am Place Vauban für fast drei Stunden fest im Griff. Doch trotz seiner mehrsprachigen Überzeugungskünste und der wie immer erstklassigen Präsentation von RM Sotheby’s gingen drei Viertel der 61 Lots nur unter Schätzpreis; 17 fanden sogar gar keinen Käufer. Wie bei den vorangegangenen Arizona-Auktionen waren echte Starmodelle rar; den Großteil des Katalogs füllten nette, aber keineswegs perfekte Autos.
Ein schleppender Beginn
Gleich zu Beginn der Auktion tat sich ein Graben zwischen den Schätzwerten des Auktionshauses (oder der Verkäufer?) und den finanziellen Vorstellungen der Bieter auf. So scheiterte sowohl der Verkauf des wenig gelaufenen Ferrari Testarossa von 1989 als auch des gelben Lamborghini Countach LP400S Baujahr 1981, nachdem die Gebote weit unter den Schätzwerten geblieben waren.
Wer nach einem Modell aus der Kutschenzeit des Automobils suchte – um damit zum Beispiel den berühmten London-Brighton-Run zu absolvieren, war in Paris in einer glücklichen Lage. Ein Valée Vis-à-Vis von 1887 ging für genau die Hälfte seines unteren Schätzpreises von 150.000 Euro weg, während der Raynaud Vis-à-Vis Prototyp von 1896 mit € 120.000 satte 100.000 Euro unter dem Mindestangebot abschloss.
Ein Porsche stiehlt die Show
Nachdem Girardo das hoch vorgewettete Ferrari 400 Superamerica LWB Coupé Aerodinamica für 2,875 Millionen Euro – und damit 125.000 Euro unter dem niedrigen Estimate von 3,0 Millionen Euro – an den Mann gebracht hatte, avancierte der 1955 auf der IAA ausgestellte Porsche 550 Spyder zum Star des Events. Mit 2,45 Millionen Euro landete der durch James Dean berühmt gewordene Porsche ziemlich genau in der Mitte seines Schätzpreises von 2,2 bis 2,6 Millionen Euro.
Trotz seines spektakulären Unfalls mit anschließendem kompletten Neuaufbau verkaufte sich der schwarze Ferrari Enzo aus dem Jahr 2004 mit 1,4 Millionen Euro erstaunlich passabel; ebenso wie der vielleicht aktuell beste Lancia Delta Integrale auf dem Mark. Sein Ergebnis von 120.000 Euro unterstrich den Trend zu modernen Klassikern. Wir sind jetzt schon gespannt, zu welchem Preis RM Sotheby’s bei seiner Monaco-Auktion den Peugeot 205 T16 unter den Hammer bringt. Immer mehr Gruppe B-Autos kommen derzeit auf den Markt, doch kaum ein Modell wie dieses kann zwei Weltmeistertitel und viele weitere Siege im CV nachweisen.
Überraschung, Überraschung...
Ganz verschmäht von den Bietern wurden dagegen die Alfa Romeo Giulia TZ von 1965 (letztes Angebot bei 880.000 Euro), der Ferrari F50 von 1997 (letztes Gebot bei 1,2 Millionen Euro), der Aston Martin DB5 mit James Bond-Ausstattung (die Gebote stockten bei 1,0 Millionen Euro) und das 1951 gebaute Alfa Romeo 6C 2500 SS Villa d’Este Coupé. Letzteres blieb 150.000 Euro unter seinem unteren Schätzpreis von 750.000 Euro, obwohl dem Alfa im Vorfeld der Auktion große Aufmerksamkeit zuteil wurde und er seine Wirkung auch auf den Classic Driver-Reporter nicht verfehlte.
Sogar Schnäppchen waren zu machen
Ambitionierte Schätzwerte gerieten in Paris nicht selten zum Vorteil der Bieter. Der atemberaubende Ferrari 308 GTB in "Blue Sera" war mit 100.000 Euro (bei einem Estimate von 140.000 bis 160.000 Euro) ein Schnäppchen. Traf dies auch auf den als Scheunenfund ausgewiesenen Fiat-Abarth 750 GT „Double Bubble“ zu, der für gerade einmal 27.500 Euro über den Ladentisch ging? Das wird sich wohl erst zeigen, wenn die Restaurierung abgeschlossen und die damit verbundenen Kosten und Arbeitsstunden erfasst worden sind. Doch der Trend, den wir schon letzte Woche in Arizona ausgemacht haben, hat sich bei RM Sotheby’s in Paris nun bestätigt – wird er sich im Laufe der Woche bei Bonhams und Artcurial fortsetzen? Wir halten Sie auf dem Laufenden.
Fotos: Rémi Dargegen für Classic Driver © 2016