Ein Name, der für Reichtum steht
Wirtschaftlichkeit war noch nie wirklich ein Faktor bei einem Bentley. Aber wenn man John D. Rockefeller heißt, spielt der Benzinpreis sicherlich gar keine Rolle mehr. Es war John D. Junior, dem ursprünglich jener Bentley S1 Drophead von 1958 gehörte, den Classic Driver in dieser Ausgabe vorstellt. Das Familienvermögen, das dem Namen Rockefeller auch 80 Jahre nach seinem Tod jenen milliardenschweren Glanz verleiht, begründete allerdings Vater John D. Senior.
Schwarzes Gold
John D. Senior wurde 1839 als Sohn eines gewissen Bill Rockefeller geboren - sein Geburtsort im Staat New York besaß wie maßgeschneidert den Namen Richford. Vater Bill war aber ein Taugenichts, der sein Leben verbummelte, seine Frau Eliza und die fünf Geschwister von John verlies, um als Kleinbetrüger über Land zu fahren und als Quacksalber den Menschen das Geld aus der Tasche zog. Obwohl sein Vater kaum zuhause war, wuchs John D. in geordneten Verhältnissen als wissbegieriges Kind auf, das sich besonders für Zahlen interessierte und ehrgeizig zwei Ziele für sich formulierte: 100 Jahre alt zu werden und 100.000 Dollar zu verdienen. Als er im Jahr 1868 zusammen mit seinem jüngeren Bruder William die Standard Oil Company von Cleveland im US-Bundesstaat Ohio gründete, konnte er nicht ahnen, dass er damit den Weg einschlug, zum reichsten Mann zu werden, den die Geschichte je gekannt hat. Als die Nachfrage nach dem „schwarzen Gold” nach oben schnellte, vermehrte sich auch der Reichtum Rockefellers auf wunderbare Weise. Als er 1937 starb, hatte er sein Ziel von 100.000 Dollar längst in gewaltigen Schritten überholt: Nach heutigem Wert hatte er 336 Milliarden US-Dollar angehäuft - eine Summe, die auch Dagobert Duck beeindruckt hätte. Zum Vergleich: Microsoft-Gründer Bill Gates ist derzeit der reichste Mann der Welt - mit einem eher bescheidenen Vermögen von 79 Milliarden Dollar.
Eigentlich kein schlechtes Leben
John D. Seniors ganzes Leben bestand aber nicht nur aus Arbeit. Mit Ende 50 zog er sich aus dem Geschäftsleben zurück und verbrachte die nächsten 40 Jahre damit, den Lebensstil, den ihm sein märchenhafter Reichtum ermöglichte, auszukosten. Zum Beispiel mit Immobilien, die gängige Rahmen sprengten, wie der riesige Landsitz Kykuit außerhalb von New York, die 100-Zimmer-große Urlaubsvilla „The Eyrie” auf Mount Desert Island vor der Küste von Maine und ein repräsentatives Stadthaus an der West 54th Street, das nach seinem Tod abgerissen wurde. Auf dem Grundstück steht heute das Museum of Modern Art (MoMA), das von John Seniors Schwiegertochter Abby Rockefeller gegründet wurde. Doch das wahre Vermächtnis des legendären Tycoons liegt in seinem wohltätigen Engagement: Noch zu Lebzeiten verschenkte er mehr als eine Milliarde Dollar für medizinische Forschung und Bildung. Er unterstützte dadurch die Gründung der Universität von Chicago und bedachte regelmäßig die US-Eliteuniversitäten. Man fragt sich, ob der Krösus der Neuen Welt seinen „frühen” Tod als Misserfolg wertete - schließlich fehlten nur drei Jahre und er hätte sein zweites Ziel, die 100 voll zu machen, erreicht. Aber alles in allem war es wohl kaum ein unerfreuliches Leben.
Familienbande
Erfreulich war auch die Erbschaft, die John D. Senior der heute mit 200 Mitgliedern recht zahlenreichen Rockefeller-Familie hinterließ: Nach heutigem Wert waren es rund zehn Milliarden Dollar. Und einige seiner Nachkommen scheinen das Talent des alten John D. geerbt zu haben. Es war John D. Junior, der ursprüngliche Besitzer jenes Bentley S1, der New York mit einem Wahrzeichen namens Rockefeller Center beschenkte, einem gewaltigen Immobilien-Komplex mit 19 Hochhäusern. Dann gab es noch David Rockefeller, der aufgrund seiner eigenen Leistung (und vielleicht mit ein wenig Unterstützung der familiären Beziehungen) zum Chef der Chase Manhattan Bank aufstieg und über ein persönliches Vermögen von drei Milliarden Dollar verfügte.
Ein sprichwörtlicher Namen
Davids Bruder, der verstorbene Nelson Rockefeller, trug den Namen der Familie in die Politik. Er war Gouverneur von New York und Vizepräsident während der Präsidentschaft von Gerald Ford, sein Bruder Winthrop wurde derweil zum Gouverneur des Bundesstaates Arkansas gewählt. Dessen Sohn Winthrop Paul fungierte dort als Vizegouverneur, bis er im Alter von 57 Jahren 2006 nach einer Bluterkrankung starb. Heute zählen die Rockefellers zwar nicht einmal zu den Top 10 der Forbes-Liste der reichsten Amerikaner, aber der Name hat deswegen noch lange nicht den sprichwörtlichen Klang vom ganz, ganz großem Geld verloren.